La Balanza e.V. Böttingen
  Februar 2011
 

Cusco, 27.02.2011
Geschrieben von Christian Barthel
Chimpa gibt's schon bald in HDTV-Qualität
Im großen schwarzen Van saßen Vertreter verschiedener Branchen und Behörden: Nelly und ich für "La Balanza"; Jaison als Landwirtschaftsspezialist; Raul, zuständig für Formalien im Personenstandsregister und David aus der Filmindustrie. Jeder war sich über seine Aufgaben im Klaren.
Nelly und ich hatten am Dienstag 24 kleine zehn-Liter Eimer und zwei 200-Liter Behälter gekauft, um sie gestern mitnehmen und übergeben zu können.


Vorbereitungen für einen erfolgreichen
Ausflug nach Huilloc Chimpa

Doch bevor es losging, habe ich David, einen Bekannten, zu Hause abgeholt. Ich habe ihn vor ein paar Wochen kennengelernt. Er besitzt professionelle Kameraausrüstung und hat bereits für die "Welthungerhilfe" vor einigen Jahren hier in Cusco eine Dokumentation gedreht.
Die Idee, für "La Balanza" eine Dokumentation zu drehen, kam mir spontan am Freitag. Die  Zeitknappheit erlaubte es mir nicht, eine Anfrage per Mail zu schicken. Deshalb rief ich kurzerhand Klaus auf seinem deutschen Handy an und bat ihn, alle Mitglieder telefonisch zu informieren und möglichst um eine Zustimmung zu bitten. Eine positive Antwort, die ich noch am Freitag von ihm erhielt, gab mir grünes Licht, David als Kameramann zu engagieren. Und so entstanden gestern hervorragende Filmaufnahmen.

Bei Nelly angekommen, stand schon der schwarze Hyundai geparkt und der Fahrer John war bereits dabei, die Mülleimer aufzuladen. Kurz danach ging es los!
Auf dem Weg holten wir in Chinchero Jaison und die 24 Cuy-Männchen ab. Die kleinen Kartons stapelten wir im Kofferfaum. Vorsichtig fuhren wir zu unserer nächsten Station - Urubamba. Dort wartete Raul mit den Personalausweisbögen in einem Umschlag unter dem Arm auf uns.


Vorbereitungen für einen erfolgreichen Ausflug nach Huilloc Chimpa,
in Kartons verpackt werden die Cuyes eingeladen.

Gegen neun Uhr fuhren wir aus Urubamba weg und schätzten, dass wir gegen halb elf in Huilloc ankommen würden. Doch keiner hatte mit dem Schicksal gerechnet, das die Form eines 15-cm langen Nagels angenommen hatte. Dieser lag halbwegs auf der Schotterpiste, die von Ollantaytambo nach Huilloc führt und wartete auf seinen Empfänger. Der rechte Vorderreifen erklärte sich bereit und war so überfordert, dass er anstatt dem Löffel, die Luft abgegen hat.
Wow! Autos scheint auf genau dieser Piste immer ein kleines Abenteuer zu erwarten...
Also: Cuys ausladen (diese hatten mittlerweile ihre Behältnisse eingeweicht...) und den Ersatzreifen zur Benutztung vorbereiten! Mit einigen wenigen Handgriffen war das Werk auch schon vollbracht und wir kamen, mit wachen Augen auf weitere "Schicksale" achtend, endlich in Huilloc an.
Dort hatten sich die Bewohner wie immer bereits neugierig versammelt. Ich finde sie sind sehr ehrgeizig und nehmen wirklich unsere Hilfe an.
Wir luden die kleinen und großen Mülleimer ab, die Meerschweinchen aus und David bereitete seine Kamera vor. Für Raul stellte Jesus, in dessen Hof die Übergaben stattfanden, einen Tisch und einen Stuhl zur Verfügung, damit er die Daten von unseren am Dienstag abgeholten Geburtsurkunden auf die Personalausweisbögen übertragen konnte.
In der Zwischenzeit stellen wir die durchnässten Kartons mit den wertvollen Inhalten in die Mitte und die Behälter daneben. Nelly sagte ein paar Worte zu den Cuys und zu den Mülleimern, während David fleißig Filmmaterial zusammentrug.


David dreht eine professionelle Filmdokumentation
über die Arbeit von La Balanza

Danach dankte Jesus im Namen der Comunidad und schon konnte das Schenken losgehen. Jaison hakte aus einer Liste die Namen jeder Familie ab, die sich je einen Karton und einen zehn-Liter Eimer abholten. Die beiden großen grünen Mülleimer, die den Müll jeder Familie aufnehmen werden, sollen nahe der Durchgangsstraße, z.B. an oder bei Jesus’ Haus stehen (Abstand zum Haus wegen der Fliegen und dem Gestankt!). Leider haben wir nicht daran gedacht, Ketten und Vorhängeschlösser zu kaufen. Das werden wir aber nachholen und das nächste Mal mitnehmen. Schließlich gibt es überall Langfinger...!
 


Umwelterziehung ist eine der Aufgaben, die sich der Verein La Balanza
in die Vereinssatzung geschrieben hat. Nun wurden große und kleine
Mülleimer nach Chimpa ausgeliefert.



Ausgabe der Mülleimer: Ein Glück, dass Nelly Quechua spricht!

Raul hatte die Bögen vorbereitet und es fehlte nur noch je ein Fingerabdruck der 15 Kinder, die in 35 Tagen (benötigte Ausstellungszeit laut Raul) ihren ersten Personalausweis in den Händen halten werden.
Während dieser Prozedur kamen die Mütter von vier weiteren Kindern (aus Huilloc Pampa!) auf Nelly und mich zu und baten uns, sie in den Kreis mit aufzunehmen. Zwei Kinder besaßen schon Fotos in der passenden Größe. Von den anderen zwei machte ich schnell eine Bilderserie. Zu Hause habe ich gestern das beste Bild ausgesucht und zur Druckerei gebracht. Heute, am Sonntag, wird Jaison nach Cusco kommen und diese Gelegenheit werden wir ausnutztem, ihm die Bilder mitzugeben, damit er sie morgen, wenn er nach Huilloc fährt, in Urubamba bei Raul abgeben kann.
(Weil wir den Ablauf jetzt kennen, werden wir vielleicht auch in Pampa und sonstigen Nachbargemeinden diese Kampagne starten - darauf kamen wir, als diese vier auftauchten!)


Entwicklungshilfe kann auch bürokratisch sein: Der von La Balanza
organisierte Behördenvertreter Raul nimmt Fingerabdrücke
und vergleicht die Angaben!



Unsere Gemeinde ist höchst
interessiertund schaut Raul bei der Arbeit zu. Allein dieser Vorgang
war ein Erlebnis! Mit dieser Aktion sorgt La Balanza dafür,
dass endlich alle Einwohner von Chimpa Geburtsurkunden
und Personalausweise erhalten.



Wenn die Finger noch zu klein sind - der Fuß ist es nicht.
Das hat sicher gekitzelt...

Nach allen Formalitäten und Filmaufnahmen, wurden wir von einem Bewohner, der Spanisch spricht und mir seit Anfang an wegen seiner Aufmerksamkeit und Teilnahmebereitschaft ins Auge gefallen ist, zum Mittagessen eingeladen. Unserem sechsköpfigen Team wurde je ein Cuy mit Kartoffeln serviert. Eine sehr leckere Hausmannskost...!
Generell würde ich den gestrigen Ausflug, der übrigens schon mein siebter war, als erfolgreichsten einschätzen: Das Müllsammeln fängt jetzt an, ein Ziel aus der Satzung wurde erreicht; der wichtige und verbindende Schritt zwischen Raul und der Behörde wurde gemacht; und jetzt kann, zwar immernoch ohne Cuyställe, die Vermehrung losgehen. Der Vorteil ist, dass bei Fertigstellung der Ställe schon Nachkommen vorhanden sind.
Viele glückliche und zufriedene Grüße,
Christian


Cusco, 08.02.2011

Geschrieben von Christian Barthel
Dritter Brief an die Ausschussmitglieder
Liebe Vorstandsmitglieder,
Januar nennen die Cusqueños “poco“ (wenig), Februar heißt „loco“(verrückt) und März bezeichnen sie als „borracho“ (betrunken). Diese drei Wörter sollen das Wetter mit menschlichen Eigenschaften beschreiben. Bisher stimmt es. Am Montag regnete es so stark, dass niemand auf den Straßen unterwegs war. Und dann müssen schon harte Bedingungen herrschen... Ein Vorankommen war nur mit Auto möglich; oder man macht es so wie die Touristen und trägt T-Shirt, Badehose und Schlappen auf der Erkundungstour durch Cusco. Dann träg man nicht viel, was man wechseln muss...
Tiefgang erhielt auch das Auto von Walter, als wir gestern nach Huilloc gereist sind. Die verrückte Regenfront hatte das gesamte Gebiet rund um Cusco im Visier und weichte daher die Piste nach Huilloc auf. Während der Fahrt bot ich Walter an, mich auf die Motorhaube zu setzen, damit er mit Vorderradantrieb, Schrittgeschwindigkeit und ein wenig Gewicht mehr auf der Achse, aus den Schlammposen kommt. Doch glücklicherweise erhielt ich keine „Freifahrt“...
Bei unserer Ankunft in Huilloc um 09.45 war das Dorf wie ausgestorben; kaum Kinder, keine Erwachsenen, nur ein paar Hunde. Das lag daran, dass Jaison die Gemeinschaft schon im selben Raum versammelt hatte, wie letzte Woche. Jaison ist wirklich aufmerksam und denkt immer einen Schritt voraus; Respekt! Nun saßen sie alle da, wieder je eine Person aus den 24 Familien.
Nelly kam schnell auf den Punkt: Sie notierte einen Namen eines Erziehungsberechtigten aus je einer Familie und danach die Namen der Kinder, die keinen Personalausweis haben. Wie Nelly und ich festgestellt haben, haben alle Erwachsenen Chimpas einen Perso. Nach getaner Arbeit betrachteten wir erstaunt Liste: 17 Kinder haben keinen Personalausweis! Aber weil wir uns dieser Verantwortung angenommen haben, ist es ein gutes Gefühl, den Kindern mit der Ausstellung ihres ersten Persos fröhlich zu machen! Was jetzt in der Chronologie hätte folgen müssen, wäre ein Bild jedes Kindes zu machen, nach den Regeln eines Passbildes. Doch weil viele dieser betroffenen Kinder die Kühe, Schafe oder Schweine der Familien auf den Feldern grasen ließen, haben wir leider nicht an diesen wichtigen Schritt gedacht. Daher müssen wir wegen den Bildern einmal extra nach Huilloc fahren. Weil wir die Kinder und einen Erziehungsberechtigten nicht runter ins Dorf Ollantaytambo mitnehmen können, damit die Kinder zuerst ein Passfoto von sich machen lassen und danach gemeinsam zur Gemeindeverwaltung transportieren können, sind Nelly und ich auf die Idee gekommen, selber die Passbilder zu machen. Eine weiße gespannte Plane und davor die Person (u.a. ohne Hut und ohne Haare im Gesicht!), halten wir für die schnellste und unkomplizierteste Weise, den Kindern ihren ersten Personalausweis übergeben zu können.
Nach diesem Thema kam das, was ja bei uns allen ein bisschen für Anspannung gesorgt hatte: die Mülltrennung. Mit Worten, die ich nicht verstanden habe, weil es Quechua war, hat Nelly dieses Thema vorsichtig angesprochen. Doch was nun folgte, war großartig: Die Gemeinschaft nickte, brummte und stimmte Nelly zu, dass dies ein wirkliches Problem darstellt. „Oft hätte man in Versammlungen darüber gesprochen, doch nie an Maßnahmen gefeilt“, so berichtete ein Mann. Nelly und ich hatten am Samstag bei einem kleinen Abendessen darüber gesprochen und ebenfalls nach Lösungen gesucht. Ich hatte Folgende: Jedes Haus bekommt einen Mülleimer, in Deutschland vergleichbar mit den 10 l-Putzeimern mit Plastikhenkeln vom „Thomas Philipps“. Doch wohin mit dessen Inhalt? Eine Vision, die ich sowohl schon in Deutschland wie auch gestern hatte, war, dass eine Müllabfuhr vorbildlich wäre, die bis rauf in „unser Dorf“ fährt. Doch nach einigen Überlegungen mit menschlichem Verstand, kam ich zu dem Schluss, dass ein so ausgereiftes System sicher nicht in diesen ländlichen Gegenden je bestehen würde. DENKSTE! Der Mann, der schon vorher über ergebnislose Abbrüche der Verhandlungen erzählt hatte, sagte nun, dass bereits seit Jahren irgendwie irgendein Vertrag zwischen beiden Orten bestehen würde. Doch dieser wurde nie erfüllt und eine Müllabfuhr verkehrte nur auf Papier...
Ein andere Idee vom Samstag, die ich für die wohl einzige realisierbare hielt, war ein Loch, in das alle ihre nicht-organischen Abfälle rein schmeißen und anzünden. Dass so der Abfall verschwindet, aber dafür giftige Gase entstehen, war uns bewusst. Doch die wurde uns glücklicherweise „ausgetrieben“.
Nellys und meine Freude über die Akzeptanz dieses Themas steckte auch schnell die versammelten Menschen an, denn nun bestand wieder Hoffnung, dass endlich „der Dreck aus Haus, Hof und Garten“ verschwindet. Und ich nenne es jetzt nicht mehr Hoffnung, sondern Frage der Zeit!
Nach einem kleinen Besuch bei Huillocs Krankenstation, über den ich später etwas hinzufügen  werde, fuhren wir nach Ollantaytambo. Bei diesem Besuch, erfuhren wir, dass in Huilloc Pampa eine Frau schwanger gewesen war und erst kürzlich „Substanzen“ zur Abtreibung eingenommen hat. Die Ärzte baten uns, die Frau mitzunehmen und in Ollantas Krankenstation zur genaueren Untersuchung abzugeben. Was die Mutter nicht wusste, die Ärzte jedoch vermuteten, aber auf Grund fehlender Geräte (!) nicht eindeutig feststellen konnten, war die Tatsache, dass das Baby bereits tot war. Da, laut der Ärzte, akute Gefahr für das Leben der Mutter bestand, zögerten wir keinen Augenblick und fuhren mit ihr runter.
Es war eine Situation, die keiner von uns bisher erlebt hatte. Wie würde die Mutter während der Fahrt reagieren? Hatte sie geahnt, dass etwas nicht stimme, oder dass die Zeit zu weit vorangeschritten war? Ich musste unweigerlich wieder an Gerd Ruge denken.
In der zweiten Krankenstation übernahmen drei Krankenschwestern und wir gingen leicht betreten und bedrückt zur Gemeindeverwaltung. Nelly füllte zwei Anträge aus, einen für die Ausstellung der Geburtsurkunden, womit wir schließlich die Ausstellung der Personalausweise erreichen und den zweiten Antrag für das Wiederaufleben des Müllabfuhrdienstes.
Aber auch hier enden die guten Tatsachen, für die höhere Mächte verantwortlich sein müssen, nicht. Die Sachbearbeiterin der Abteilung „Müll“ hörte sich geduldig an, wer wir sind und was unsere Aufgaben sind. Sie hatte große Empathie, weil sie früher bei einer NGO als Krankenschwester gearbeitet hat und bot uns daher an, mit einem Team aus Ärzten (Arzt klingt leider immer so nach Notfall) nach Huilloc Chimpa zu reisen und die Kinder und Erwachsenen durchzuchecken! Wenn das wirklich funktioniert, was in Südamerika nicht immer der Fall ist wenn man nach einer Vereinbarung sagt: „Te aviso“ (=Ich sage dir Bescheid), können wir wirklich von einem großen Fortschritt für ein gesundes Leben der Gemeinschaft Huilloc Chimpas sprechen!!!
Das Glücksgefühl hielt noch so lange an, bis wir zur Krankenstation von Chinchero kamen. Spontan bat ich Walter zu halten, um ein paar Fotos vom Gebäude zu machen. Dieselbe Krankenschwester, die letzte Woche das kranke Baby untersucht hatte, war auch heute wieder da. Sie freute sich, uns wiederzusehen. Sie ist eine schnell begreifende, aufmerksame und flinke Frau. Was ich letzte Woche geschrieben habe, und was ihr hervorragend ergänzt (und auch schon zugestimmt habt =) ), haben wir der Krankenschwester mitgeteilt. Sie war natürlich sehr begeistert und übertrieb, nach guter südamerikanischer Art und meiner Einschätzung nach, das Leid und das Fehlen von Geräten. Sie demonstrierte sogar den Krankentransportwagen, der „ja überhaupt totaler Schrott wäre und dringend ausgewechselt werden müsste“. Hier musste ich einhaken und ihr erklären, dass wir nicht auf große Wünsche eingehen, sondern nur ein Paket mit der wichtigsten Grundausstattung ermöglichen können. Sie führte uns weiter herum und ich konnte kaum Fotos machen, denn im Gegensatz zu Huillocs Krankenstation hat Chinchero nichts. Zumindest nichts, was funktioniert...! Dagegen ist Huilloc die reinste Berliner Charité. Unterstützt von „Corazones Para Peru“ (= Herzen für Peru), kann Huilloc mit vielen modernen, ja auch einem deutschen Gerät, aufwerten. (Das Schild erwähnt sogar das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit!)
Das Einzugsgebiet für Chincheros Krankenstation umfasst knappe 10.000 Einwohner. Zwei Ärzte und zwei Krankenschwestern sind im Schichtbetrieb für ihre Patienten da... Ein Set, bestehend aus Blutdruckmessgerät, einer Uhr und einem Thermometer, wäre hier schon ein großes Geschenk...!
 


Diesen Roll-Stuhl (im eigentlichen Sinne des Wortes) hat Christian
bei der Krankenstation in Dorf Chinchero entdeckt.

Um sechs Uhr kamen wir nach einem langen Tag mit vielen schönen Erlebnissen, als auch einem traurigen, in Cusco an. Bei einer Tasse Kaffee gingen wir den Tag mit seinen Etappen durch und kamen zu dem Schluss, dass wir viele Schritte zum Gelingen der geplanten Vorhaben getan haben.
Viele liebe Grüße,
euer Christian
Anmerkung
Geschrieben von Klaus Flad

Der Vorstand von La Balanza wird sich in der nächsten Ausschusssitzung Gedanken machen wie und in welchem Ausmaß unser Verein bei der Krankenstation von Chinchero Unterstützung leisten kann.

Cusco, 02.02.2011

Geschrieben von Christian Barthel
Ein lehrreicher Ausflug für die angehenden Cuy-Züchter aus Chimpa
Ein aufregender, eindrucksvoller, lehrreicher und spannender erster Februar liegt hinter uns.
Der Tag begann um sieben Uhr. Walter, unser Fahrer, den wir jetzt schon außergewöhnlich oft in drei Wochen beansprucht haben, hat zuerst mich abgeholt; danach sind wir zu Nelly gefahren. (Nellys Mann Wenchy ist spontan mitgefahren.) Nelly hatte schon Aufschnitt und frische Brötchen gekauft. Auf der Fahrt nach Chinchero, wo wir uns mit Jaison und je einer Person der 24 Familien treffen würden, haben Nelly und ich die Brote belegt.
Zwei Kleinbusse haben die ausgewählten Bewohner Huillocs schon um sechs Uhr früh abgeholt, denn ihre Fahrt nach Chinchero dauerte wesentlich länger, als unsere.
Wir kamen etwas früher am vereinbarten Treffplatz an und nutzten die Zeit, die Rücksitzbank von unzähligen Krümeln zu reinigen.
Als die beiden Busse ankamen, gab es ein freudiges Wiedersehen und zum Auftakt machte Walter von uns ein Gruppenfoto auf der Plaza von Chinchero.
Kurz bevor wir in unsere Fahrzeuge einsteigen wollten, bemerkte Nelly, dass das Baby einer Mutter schwer hustete. Die Mutter wollte von sich aus nicht auf uns zukommen, was mich sehr wundert, wenn ich an sämtliche Sorgen einer Mutter um ihr Kind denke... Doch zu groß war und ist wohl die Zurückhaltung und die Scheu, obwohl Nelly Qechua (!) spricht... Deshalb hat Nelly die Initiative ergriffen und schnell entschieden, in der örtlichen Kranktenstation einige Tests durchführen zu lassen. Ich war inzwischen wieder aus dem Gebäude hinausgegangen, um den Wartenden mitzuteilen, was jetzt geschehen würde. Und schon rief Nelly nach mir, ich solle schnell zurückkommen! Wie sich herausstellte, benötigte die Krankenschwester meine Armbanduhr, um dem Baby den Puls messen zu können... Und schon fühlte ich mich, wie in einer der zahlreichen Gerd Ruge Reportagen, wo er selbst spontan zur Hebamme wird...
Danach fuhren wir zur ersten von fünf Cuyzuchten, die wir gestern angeschaut haben. Sämtliche Informationen übermittelten die stolzen Besitzer der Farmen unserer Gruppe auf Quechua, weshalb Nelly nur für meine zwei Ohren unermütliche Dolmetscher-Arbeit leistete.
Im Durchschnitt hatte jede Farm mindestens 400 Cuys und zu wenig Platz. Daher wird auf jedem Grundstück angebaut. Es entstehen Stallungen, die die gleiche Kapazität an Cuys aufnehmen können. Dies zeugt von gutem wirtschaftlichem Handeln. Und das spiegelt sich auch in den Familien wieder -  die Kinder der ersten Besitzer studieren alle auf Universitäten hier in Cusco. (Die Kinder der restlichen Farmen sind noch im Schulalter.)


Interessiert hörten die Leute aus Huilloc Chimpa
bei der Besichtigung der Cuyerias den Vorträgen zu.

Mehr als dankbar war unsere Gruppe für die Brote, die wir für alle belegt hatten. Ich durfte sie austeilen und genau wie beim letzten Mal, war die Dankbarkeit viel größer, als nur das Wort "gracias" (= danke).



Frühstücksbrote für alle Teilnehmer

Weil die Farmen vom Prinzip gleich aufgebaut waren, war die Besichtigung der dritten und vierten etwas schneller beendet.


Die Cuyerias stießen bei den Menschen aus Huilloc
auf großes Interesse.

Zwischen der vierten und der fünften, zu der wir einen persönlicheren Bezug haben würden, weil es Jaisons Farm (und die seiner Familie) war, haben wir eine strategische Pause eingelegt und bekamen in einem Restaurant je eine vorzügliche Forelle serviert! Zuvor haben wir aber noch die Mutter mit ihrem Kind abgeholt, die auf Rat der Krankenschwester in den vier Stunden, die wir unterwegs waren, dortgeblieben waren. Nun war auch ein Ergebnis da: Das Baby hatte eine schwere Bronchitis. Es hatte sich schon spürbar verbessert nach der ersten Behandlung und der darauffolgenden Ruhe. In den nächsten Tagen wird es ein paar verschriebene Tabletten und Tropfen nehmen und bei meiner nächsten Huilloc- Reise, werde ich mich erkundigen, wie es dem Kleinen und der Mutter geht!
"Mate-Tee schließt den Magen", würde hier das deutsche Sprichwort umgewandelt heißen und so machten wir uns auf, zur letzten Farm. Jaisons Vater und Mutter hießen uns herzlich Willkommen und nach der obligatorischen Besichtigung seiner Schützlinge, bekamen die 24 angehenden Züchter und Züchterinnen von Jaisons Vater Fernando, eine kleine Unterrichtsstunde zum Umgang mit Cuys. Eigentlich hat Fernando genau das wiederholt, was Jaison am vergangenen Montag in Huilloc vorgetragen hat (Cuyarten, Nahrung und Pflege).
Ein Gruppenfoto zum Abschluss gab dem Tag einen Rahmen und die Verabschiedung war ebenso freudig, weil nun alle mit einem großen Sack voller Erinnerungen, Erfahrungen, Vorfreude auf das Projekt und räumlichen Vorstellungen nach Hause fuhren.
Unser weiteres Vorgehen:
An einem der kommenden Nachmittage, werden Nelly und ich die weitere Planung besprechen. Denn sowohl die Cuyerias, als auch die Fertigstellung der Geburtsurkunden (und damit verbunden eine Ausstellung eines Personalsausweises) müssen wir jetzt angehen. Die Zeit läuft und zumindest für die Cuyerias wächst das Gras unaufhörlich...!
(Wie wir beim Einliefern des Baby festgestellt haben, ist das Vorhandensein eines Persnalausweises von grundlegender Wichtigkeit.)
Im März wollen wir, genau wie letztes Jahr, den Schülern aus Chimpa ein Schulstarter-Set zusammenstellen, wofür wir ebenfalls planen und einkaufen müssen.
Schließlich möchte ich Nelly und auch Jaison darüber informieren, dass Schritte gegen den vielen herumliegenden Müll in Chimpa unternommen werden müssen. Die Art, wie wir die Bewohner auf eine "Müllsammelstelle" ansprechen, müssen wir mit Bedacht wählen, denn auf eine überrumpelnde, vorschreibende Weise darf das auf keinen Fall geschehen! Aber ich vertraue Nelly, da sie Peruanerin ist und viel leichter Worte, sicher auch gute Beschreibungen auf Quechua, dafür finden wird.
Viele liebe Grüße
euer Christian


Gruppenfoto mit allen Teilnehmern


Gruppenfoto mit allen Teilnehmern

 

 
 
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