Böttingen, 12. Juni 2011
Geschrieben von Klaus Flad
Besichtigung der neuen Patengemeinde Rukha durch Iván und Christian erfolgte
Bei meinem Aufenthalt in Peru im April 2011 habe ich bei der Wanderung auf dem Inka-Trail Tomas kennengelernt. Tomas wohnt in Huillocs Teilgemeinde Rukha und arbeitet sporadisch als Träger für ein Touristenbüro, welches für Touristen die Wanderung auf dem Inka-Trail anbietet und organisiert. Wie immer bei derlei Tätigkeiten durch die Nachkommen der Inkas verdienen die Tourismusunternehmen den Löwenanteil und die Träger werden mehr als schlecht bezahlt. Während meines Aufenthalts habe ich mich mit Tomas über die Probleme der Gemeinde Rukha unterhalten und ihm Hilfe für sein Dorf in Aussicht gestellt. In Rukha gibt es keine funktionierende Wasserversorgung für die dort Lebenden Menschen. Zudem wünschen sich die Menschen in Rukha zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation eine Forellenzucht.
Sieben Wochen vor Ende seines Aufenthalt in Peru hat Christian zusammen mit Iván nun am 28. Mai die Gemeinde Rukha erstmals besichtigt. In seinem nachfolgenden Bericht schildert Christian die Probleme und seine Eindrücke in der Gemeinde Rukha:
Cusco, 06. Juni 2011
Geschrieben von Christian Barthel
Achter Bericht
Erster Besuch in La Balanzas neuer Patengemeinde Huilloc Rukha
Für Ivan und mich war der erste Ausflug am Samstag, den 28. Mai 2011 in die neue Gemeinde „Huilloc Rukha“ sehr spannend. In Ollantaytambo stiegen zwei Ingenieure der Stadt dazu, Juan José und Hector. Mit ihnen werden wir in Zukunft zusammenarbeiten. Juan José wird einen Kostenvoranschlag für „saneamiento básico“ (= grundlegende Sanierung/ Säuberung) machen und Hector ist der ausführende Ingenieur.
Rukhas Dorfpräsident Aquilino, Iván Davila Babilonia, La Balanzas
Kontaktperson aus Rukha Tomas, Christian Barthel, und die beiden
Ingenieure der Stadt Ollantaytambo San José und Hector.
Christian Barthel (zweiter von links) bei seinem ersten
Besuch in der neuen Patengemeinde von La Balanza
Huilloc Rukha zusammen mit Rukhas Dorfpräsident
Aquilino (dritter von links) den beiden Ingenieuren der
Stadt Ollantaytambo Hector (vierter von links) und
Juan José (rechts). Iván lud zur Besichtigung der
Gemeinde auch Peter aus New York (links) ein.
Nach einem 40-minütigem Aufstieg auf fast 3700m, sahen wir den Fluss, um den sich alles dreht und der an Rukha vorbeifließt. Juan José erkannte sofort, dass dieser mit mehr als 20 Liter pro Sekunde strömt, was schon mal eine sehr gute Grundvoraussetzung ist, gemessen an der Anzahl der angewiesenen Bewohner. Da Winter ist und in dieser Epoche weniger Wasser als im Sommer bei Eisschmelze fließt, „können wir mit ständigen 10 Litern pro Sekunde bei den „schlechtesten“ Bedingungen rechnen“, stellte Juan José fest. „Außerdem gibt es in wenigen Metern Abstand ein zweites, kleineres Bächlein, das dazu ebenfalls Wasser einspeist.“
Mehr als 20 Liter pro Sekunde fließen in diesem Fluss direkt an
der Gemeinde Rukha vorbei. Eine ideale Voraussetzung für eine
ausreichende Wasserversorgung in der Gemeinde.
Nelly, Ivan und ich werden dann entscheiden, ob wir aus dieser Vorlage etwas herausnehmen, sollte es zu teuer sein, oder etwas hinzunehmen, sollten wir sehen, dass unserer Meinung nach etwas Wichtiges fehlt.
Generell wird sich „La Balanza“ nun auf das Tal „Huillocs“ konzentrieren. Mit dem Abschluss des Vorhabens in Quiñer in Kürze, können wir uns nun auch geographisch besser orientieren.
Sämtliche Gemeinden, Comunidades, liegen ab jetzt in diesem, ich nenne es „Huilloc-Tal“. Denn ursprünglich ist Huilloc die Urgemeinde und die Teilgemeinden - Chimpa, - Pampa, - Rukha und alle weiteren, gehören dazu und liegen im näheren, manchmal schwer zugänglichem, Umland.
Bei der Dorfversammlung unter freiem Himmel bei Sonnenschein stellen wir vier uns vor, ebenso Tomas und der Dorfpräsident. Wir erzählten kurz wer wir sind und wo wir schon gearbeitet haben. Ihnen war schon zu Ohren gekommen, dass wir in Chimpa mit der Cuy-Zucht angefangen hatten. Während ein Dorfbewohner eine Liste mit allen Familiennamen und Familienangehörigen erstellte, bat uns Tomas, ihn zu seinem Haus zu begleiten, wo seine Frau und seine Mutter bereits ein typisches Mittagessen zubereitet hatten: Cuy mit Kartoffeln. Was ich bisher noch nie gegessen hatte, war ein Bohneneintopf, der „Plato de Solteros“ (Gericht für Junggesellen) genannt wird. Aus Spaß fragte ich, ob sie denn sicher sein könnten, dass wir wirklich ledig sei. Daraufhin hörte ich einen alten Witz von Tomas, den ich schon aus Chimpa gekannt hatte: „Hier gibt es auch sehr viele Hübsche. Da ist sicher eine dabei für dich...“
Nach dem Essen stand eine kleine Zeremonie an. Tomas´ Tochter Miriam sollte der erste Haarschnitt (primer corte de pelo) gemacht werden. Damit verbunden ist eine Patenschaft, die ich nur widerwillig annahm. Da ich schon zwei Patenschaften in Chimpa übernommen hatte, habe ich das Gefühl, dass es jetzt ein bisschen zu gewöhnlich wird, den „gringo“ um eine Patenschaften zu bitten. Ich sagte Tomas, dass ich nur ein einziges Mal in Huilloc Rukha eine Patenschaft annehmen würde. Ich kann ja schließlich nicht vom ganzen Tal, genau wie Klaus, Pate sein...
Außerdem besteht die Gefahr, „gemolken“ zu werden, wie Klaus und ich festgestellt haben.
Es geht um das schnelle Geld bei der kurzen Haarschnittzeremonie und im weiteren Verlauf kommen private Wünsche hinzu, die, verknüpft durch die Lage der Dörfer, schnell kostspielig werden können, und bei denen man aus menschlichen Gründen nicht so schnell „Nein“ sagen kann...
Doch Tomas würde ich bisher anders einschätzen; als Träger läuft er regelmäßig den „Inka-Trail“, sodass er das Weltbild und die Mentalitäten der Besucher einzuschätzen weiß. Er hat das Bewusstsein durch das frequentierte „Zusammensein“ mit Ausländern, das vielen anderen Dorfbewohnern fehlt und das ihm dazu verhilft, in unserem zukünftigen gemeinsamen Projekt weiterdenken zu lassen.
Grundsätzlich lässt sich nun eine einschneidende Änderung in der Arbeit von „La Balanza Peru“ konstatieren. Was ausschließlich Comunidades betrifft, so werden die hier befindlichen aktiven Mitglieder ab sofort in zwei Richtungen tätig sein:
· Anwesenheit bei Bauarbeiten (laut Ivans Erfahrungen aus Echarate, wo er bisher im gleichen Bereich gearbeitet hatte, fehlen sonst von uns gekaufte Bauteile...) - soweit das geht, denn täglich werden wir nicht nach Rukha reisen können...
· Knüpfung von Kontakten und weiterhin nicht lockerlassen, dass uns von Seiten der Stadt Ollantaytambo geholfen wird.
→ Basierend auf dem Einverständnis Nellys und Ivans ist es nun eine strukturelle, planende und betreuende Arbeit geworden.
Außerdem lautet ein Grundprinzip der Entwicklungsarbeit:
Nicht zu lange an einem Ort hängen bleiben - die Menschen gewöhnen sich sonst an die Unterstützung, anstatt die Impulse zur Selbsthilfe zu nutzen.
Das wiederum heißt, das nächste Dorf bereits im Auge zu haben, wissen wo es liegt, die Wünsche und Probleme der Bewohner erkennen, um dann mit wenigen Schritten vor Ort zu sein und das Nötige einzuleiten.
Zusammenarbeit im Dreieck:
Stadt Ollantaytambo: Logistik (Fahrzeuge, Transport, Ingenieure)
La Balanza: Benzingeld, Kauf von industriellen Bauteilen, Kontaktpflege
Comunidades (allgemein): Arbeitskräfte, natürliche Bauteile, geographische Voraussetzungen
Herzliche Grüße, Christian.
Herrlicher Ausblick von der Gemeinde Rukha.
Rukhas Dorfpräsident Aquilino (links) und La Balanzas
Kontaktperson aus Rukha, Tomas.
Flusslauf bei Rukha mit einem verwaisten Wasserreservoir
im Vordergrund.
Verwaister Wasserhahn mit Waschstelle in Rukha.