La Balanza e.V. Böttingen
  Juli 2013
 
Böttingen, 21. Juli 2013
Geschrieben von Klaus Flad

JW erhält schon bald Verstärkung von seinem Nachfolger Julian Keller, der Anfang 2014 von Marius Schuler abgelöst wird
Bereits seit Ende März ist JW als Volontär für La Balanza in Peru tätig. Gleich unter dieser Meldung ist der fünfte Bericht von JW über seine Tätigkeit für unseren Verein zu lesen. Am Mittwoch, 07. August 2013 wird JW von seinem Nachfolger, dem 19-jährigen Julian Keller aus Deißlingen Unterstützung erhalten. Wir danken JW bereits jetzt für seinen liebevollen Einsatz in Peru. JW wird Julian in in dessen ersten Wochen in die Tätigkeiten einweisen. Am Mittwoch, 25. September 2013 wird JW seine Hemreise nach Deutschland antreten. Julian wird dann bis Anfang Februar 2014 die Arbeit von JW fortsetzen. Und Anfang Januar 2014 wird Julian seinen Nachfolger Marius Schuler aus Gosheim einweisen. Marius wird ebenfalls sechs Monate Freiwilligendienst in Peru leisten. Wir wünschen unseren neuen Ehrenamtlichen Mitgliedern viel Erfolg für ihre Tätigkeit in unseren Projekten.
Julian, der auch als Jugendtrainer bei der Sportgemeinde Deißlingen tätig ist, gab für unseren Verein in Deißlingen eine Benefizveranstaltung. Mehr dazu berichtete die Neckarquelle in ihrer Ausgabe vom 19.07.2013 "Deißlinger Jungs kicken für die Kinder in Peru". Zum Pressebericht >>hier klicken<<


passfotoJW
        
"Der Alte", JW (links) ist bereits seit Ende März 2013 für La Balanza in Peru im Einsatz. JW wird am 25. Sepember 2013 seine Heimreise antreten, zuvor wird er aber noch den am 07. August 2013 nach Cusco reisenden Julian Keller (2. von links) aus Deißlingen in die Tätigkeiten einweisen. Ehe Julian Anfang Februar 2014 nach Deutschland zurückreist, hat er vier Wochen Zeit, sein Ehrenamt an Marius Schuler aus Gosheim zu übergeben. Wir danken allen Volontären für ihren Mut und ihre Entschlossenheit und wünschen ihnen alles Gute.

Cusco, 19. Juli 2013
Geschrieben von JW
Ausgabe der Yupanas Inkas war ein voller Erfolg
Liebe Familie, liebe Freunde,
schon fast 4 Monate bin ich nun schon hier in Cusco und darf mich nun auf noch 2 weitere Monate freuen. Die Zeit vergeht einfach schnell und ich hoffe ich kann meine restliche Zeit noch genauso sinnvoll verbringen, genau wie die erste Zeit meines Aufenthalts.
Anfang August kommt dann auch schon mein Nachfolger Julian den es einzulernen gilt und kurz darauf, nämlich am 15. August darf ich mich auch schon auf den Besuch meiner Mutter freuen, die mich für 3 Wochen besuchen kommt. Ich bin also gar nicht mehr lange alleine hier und ich befürchte schon fast die verbleibenden 2 ein Halb Monate werden nur so an mir vorbeifliegen.
Zunächst bereichte ich über die Informationen zu einem Thema, über welches ich eigentlich schon im letzten Bericht schreiben wollte: Das große Treffen zum Yupana Inka.
Nochmals zum besseren Verständnis. Das Yupana Inka ist ein antiker Taschenrechner der vom Volk der Sansa wiedererforscht wurde. Wir von La Balanza haben mehrere Exemplare dieses Recheninstrumentes erworben und an die von uns betreuten Gemeinden, sowie an Colibri gestiftet. Da dieses Werkzeug nun nicht so einfach ohne Anleitung benutzbar ist, haben wir ein Treffen veranstaltet, an dem sich alle Lehrer der mit dem Yupana Inka beschenkten Gemeinden, versammeln konnten um den korrekten Umgang mit dem Rechneninstrument zu erlernen.
So wurden alle Lehrer wieder zu Schülern und durften für ein paar Stunden in die Schuhe von Kindern schlüpfen um zu lernen wie man das Yupana benutzt und auch wie man lehrt es zu benutzen. Die Rolle der Professoren übernahmen Hilario und Gabriel.
Die ganze Aktion dauerte von Morgens 9.30 Uhr bis ca. 14.00 Uhr und Colibri hat uns für diesen Anlass freundlicherweise die Örtlichkeit zur Verfügung gestellt.
Einleitend gab es vor dem eigentlichen Unterricht, einen Vortrag in dem nochmal der genaue Zusammenhang der Nation Sansa mit dem Yupana erläutert wurde. Es gab viele interessante Informationen die man so direkt nicht mit Mathematik verbinden würde, welche sich jedoch hervorragend in den Kontext fügten.
Anschließend ging es dann los mit der tatsächlichen Arbeit am Yupana. Insgesamt waren wir 18 Personen. Alle zehn Lehrer der Schule in Huilloc, zwei Lehrer aus Tamborpujio, der Betreuer Carlos von Colibri, die Kindergartenleiterin Norqa aus Quiñer, Nelly, Hilario, Gabriel und ich.  Die „Lehrer-Schüler“ wurden nun in zwei Gruppen aufgeteilt von welchen jeweils eine von Hilario und die andere von Gabriel betreut wurde. Beide Gruppen erhielten eine vergrößerte Version des Yupana auf Papier und so hieß es dann schließlich an die Arbeit!
Die Anwesenden lernten innerhalb von wenigen Stunden wie die Grundrechenarten kinderleicht und auf spielerische Weise mit dem Yupana realisiert werden können und natürlich wie man sie am besten an kleine Kinder vermittelt.
Das Yupana erfindet nichts neu, man rechnet damit auch nicht schneller als mit Papier und Stift jedoch ist etwas anderes damit möglich, was mit keinem bisherigen Rechengerät möglich war. Es vermittelt einem Kind ein richtiges und tiefes Verständnis darüber, was Mathematik ist! Jedes Kind weiß, dass 2 + 2 gleich 4 ergibt. Wenn man dieses Kind nun aber fragt was eine Addition ist, wird man in den meisten Fällen keine Antwort erhalten. Das Yupana bricht beispielsweise diesen Gedankengang einer Addition auf die unterste Verständniseben herunter, sodass es plötzlich ganz verständlich wird. Eine Zahl kann schon sehr abstrakt sein, wenn man nun aber kleine bunte Steinchen hat, mit der man diese Zahl darstellen kann, ist daran rein gar nichts unbegreiflich oder abstrakt. Zwei Häufchen aus bunten Steinen stellen die Zahlen dar, durch Zusammenschieben der beiden Häufchen wird addiert. Die Anzahl der Steinchen im neuen größeren Häufchen ist die addierte Summe, fertig! Geht nicht einfacher! Es ist die natürlichste Art und Weise einem Verstand Mathematik beizubringen und dabei auch noch Spaß zu haben, denn mit dem Yupana zu arbeiten, fühlt sich tatsächlich wie Spielen an.
Zur Mittagszeit hatten wir für die Anwesenden dann noch eine kleine Zwischenmalzeit vorbereitet, welche zwischen dem ganzen Rechnen und Denken natürlich gerne angenommen wurde.

Schließlich wurden die Yupanas an die Lehrer übergeben und so fand das Seminar dann ein Ende, woraufhin jeder wieder seiner Wege ging.
Das Treffen war meiner Meinung nach ein voller Erfolg, nicht zuletzt deshalb weil Gabriel und Hilario dieses Wissen auch wirklich mit Herz und Seele und natürlich mit viel Freude vermitteln.

Präsentation des Yupana Inka bei Colibrí. Foto: JW


Hilario erklärt die Handhabung des Yupanas. Foto: JW


Zufrienden waren die Lehrer nach der Präsentation und Übergabe des
Yupana Inka. Foto: JW

Eine freudige Nachricht: Die Arbeit an den Patenschaften für die Kinder in den von uns betreuten Dörfern ist endlich ins Rollen gekommen
Bereits von drei Dörfern sind die Daten nahezu vollständig gesammelt, fehlt nur noch ein weiteres. Insgesamt werden es dann wahrscheinlich vorerst acht Kinder sein, jedoch lässt sich diese Arbeit ja zu jedem beliebigen Zeitpunkt weiterführen und so wird es in Zukunft sicherlich noch mehr Kinder geben, die einen Paten finden werden.

Mein erster Ausflug zur Datenkollektion führte mich nach Tamborpujio wo ich mich mit Jeison treffen sollte, denn alleine kann ich imm Dorf nur schlecht arbeiten, da die Kinder und Erwachsenen fast  nur Quechua sprechen. Ich brauche also stets einen Dolmetscher, der für mich übersetzt, denn meine eigenen Quechua-Kenntnisse sind noch lange nicht ausreichend, um so eine Unterhaltung zu führen. Morgens um etwa 8 Uhr sollte ich einen Bus nehmen, der mich nach Tamborpujio bringt.
Hört sich alles ganz einfach an, nur sollte man wissen, dass das Bussystem hier ein wenig anders funktioniert, als man das aus Europa gewohnt ist. So etwas wie ein Fahrplan existiert gar nicht! Die Busse fahren einfach von morgens gegen 4 Uhr bis nachts zirka 23 Uhr. Nun gibt es aber nicht wie in Deutschland große Busunternehmen, die sich in das öffentliche Verkehrssystem eingliedern, sondern es gibt ganz viele kleine private Busunternehmen, von denen das eine größer, das andere etwas kleiner ist. Die Unternehmen haben alle ihre speziellen Namen wie zum Beispiel „Batman“, „Arco Iris“ (Regenbogen) oder „Los Leones“ (die Löwen) und man muss einfach wissen welcher Bus in welches Stadtviertel fährt. Als kleine Hilfe dient der Kassierer und zugleich Türöffner, der an jeder Haltestelle die Türen öffnet, die aussteigenden Fahrgäste abkassiert und versucht neue Fahrgäste anzulocken. Dazu schreit er einfach ganz laut und ganz schnell die wichtigsten Haltestellen aus, an denen der Bus halten wird. Wenn man nun der Meinung ist, der gewünschte Zielort könnte einem dieser Orte entsprechen, steigt man in den Bus ein und hofft, dass man da ankommt, wo man gerne hinmöchte. Jedoch bedarf es schon einiges an Übung bis man versteht was einem da um die Ohren geschrien wird und ohne Hilfe würde man anfangs gar nicht zurechtkommen. Glücklicherweise sind die Leute hier sehr hilfsbereit und man kann praktisch jede beliebige Person an der Haltestelle fragen und bekommt immer eine freundliche Antwort.
Es ist allerdings auch nicht schlimm wenn man mal im falschen Bus landet, denn für 60 Centimos (ca. 17 Cent) ist die Busfahrt ja fast gratis und man kann getrost auch mal zwei oder drei Busse nacheinander nehmen um sein Ziel dann schließlich doch noch zu erreichen.
Wie dem auch sei, ich sollte also einen Bus nach Tamborpujio nehmen, war jedoch ein wenig überfordert als ich an der Bushaltestelle stand. Glücklicherweise war jedoch die mir bekannte Lehrerin aus Tamborpujio ebenfalls anwesend und erklärte mir, dass der Bus Verspätung habe und wir warten müssten bis ein anderer kommt. Letztendlich kam dann auch ein Bus und wir konnten uns auf den Weg ins Dorf machen. Nach zirka 45 Minuten Fahrt hielten wir an und die Lehrerin wies mich an auszusteigen. Ich hatte nicht die geringste Ahnung wo wir waren, denn es war noch weit und breit kein Dorf in Sicht. Ich gehorchte jedoch und so standen wir dann in der Pampa und den Rest des Weges mussten wir querfeldein laufen. Es waren noch etwa 30 Minuten bis ins Dorf, denn der Bus fährt nämlich gar nicht direkt ins Dorf, sondern in die nächstgrößere Gemeinde „Ccorca“, welche nochmal ungefähr eine dreiviertel Stunde von Tamborpujio liegt. Was für eine glückliche Fügung es da doch war, dass ich die Lehrer aus Tamborpujio getroffen habe, ohne welche ich mich sehr wahrscheinlich nicht zu Recht gefunden hätte.
Mich persönlich störte die kleine Wanderung absolut nicht, jedoch müssen die Lehrer diesen Weg jeden Tag und bei jedem Wetter laufen. Das stelle ich mir dann schon nicht mehr so angenehm vor.
Endlich im Dorf angekommen, durfte ich noch ein wenig den Unterricht verfolgen, bis schließlich Jeison eintraf und wir mit der Befragung beginnen konnten. Während dieses Gespräches erfuhr ich einiges darüber, wie das Schulsystem im Dorf funktioniert. Es gibt zwei Lehrer in Tamborpujio, die zuständig sind für die erste bis vierte Klasse. Erst- und Zweitklässler werden gemeinsam unterrichtet, ebenso die Dritt- und Viertklässler. Nach der vierten Klasse ist jedoch schon Schluss, denn so viele Schüler können zwei Lehrer gar nicht auf einmal unterrichten. So heißt es also nach der vierten Klasse Abschied nehmen, denn die Kinder müssen nun nach Ccorca zur Schule gehen. Zu Fuß ist das eine Strecke von ungefähr zwei Stunden. Da man das den Kindern jedoch nicht zweimal am Tag zumuten kann und es auch keine gescheite Busverbindung gibt, wohnen die Schüler unter der Woche in Ccorca in einer Art Internat. Sie gehen die Woche über dort zur Schule und kommen freitags wieder nach Hause. In diesem Internat müssen sich die Kinder selbst versorgen. Die Eltern, Freunde oder auch Hilfsorganisationen bringen den Kindern Lebensmittel wovon sie sich selbst etwas kochen müssen. Das Kochen übernehmen jedoch die etwas älteren Schüler, die bereits in die neunte oder zehnte Klasse gehen. Die Kinder müssen schon sehr früh selbstständig sein. Ich frage mich wie gut dieses System wohl in Deutschland funktionieren würde…
 

Beim Besuch in Pantipata zur Erhebung der Daten der Kinder 
zwecks Vermittlung an deutsche Pateneltern machte sich
JW auch ein Bild vom Schulunterricht in Tamborpujio.
Foto: JW



Beim Besuch in Pantipata zur Erhebung der Daten der Kinder 
zwecks Vermittlung an deutsche Pateneltern machte sich
JW auch ein Bild vom typischen Hausbau in Tamborpujio.
Foto: JW

Nach getaner Arbeit (Aufnahme der Daten von Kindern die in Deutschland als Patenkinder vermittelt werden sollen) fuhr ich dann bei Jeison auf seinem Motorrad mit nach Ccorca um dort einen Bus nach Cusco zu nehmen. Auf der Fahrt nach Ccorca machten wir noch einen kleinen Zwischenstopp an einer alten Inka-Stätte welche zwar gerade noch restauriert wird jedoch bereits jetzt wunder-, wunderschön ist!
Schlussendlich ging es dann von Ccorca im Bus wieder zurück nach Cusco.
Am darauf folgenden Sonntag, ging es dann in die die zwei Dörfer Rucja und Chimpa, beides Teilgemeinden von Huilloc. Dafür nahm ich einen Bus von Cusco nach Ollantaytambo und von dort ging es dann mit dem Motorrad noch eine knappe dreiviertel Stunden bis nach Chimpa. Chimpa ist das Dorf, welches noch bequem mit dem Auto, oder eben mit dem Motorrad zu erreichen ist, weshalb wir auch dort mit den „Interviews“ anfingen. Nachdem wir die gewünschten Informationen zur Vermittlung der Patenkinder auf dem Papier hatten, gab es noch einen Tee, ein paar Kartoffeln und hartgekochte Eier zum Essen. Selbstverständlich alles 100% Bioprodukte.


Jeison bei der Erhebung der Daten der Kinder in Huilloc
Chimpa zwecks Vermittlung an deutsche Pateneltern
Foto: JW
 
Herstellung der Adobe-Bausteine für das Dorfgemeinschaftshaus in Rucja hat bereits begonnen
Nun ging es in das schwerer zu erreichende Dorf Rucja, in welches tatsächlich nur zu Fuß erreicht werden kann. Man läuft etwa eine halbe Stunde, je nach Schritttempo natürlich.
Rucja ist das Dorf, welches von der zuständigen Verwaltung in Ollantaytambo nun einen Leitungswasseranschluss bekommt und von uns ein Gemeindehaus gestiftet bekommen wird. Also wollten wir natürlich mal erfragen, wie die Arbeit am geplanten Haus so vorangeht, allerdings war noch nicht wirklich viel zu sehen, da die Dorfbewohner gerade sehr damit beschäftigt sind, Wohnhäuser zu bauen und zu restaurieren. Zu diesem Anlass haben wir von La Balanza beschlossen, die drei schönsten Häuser mit Preisen zu belohnen, etwa in Form von Küchengeschirr. Für das Gemeindehaus besteht jedoch bereits ein grober Plan und auch die Steine, die im Dorf selbst hergestellt werden können, sind bereits in Arbeit. Auch der Platz wo es später stehen wird, ist bereits festgelegt.
Jedoch waren Jeison und ich, an diesem Tag nicht die einzigen Besucher im Dorf, denn es war ein ganzes „Gringocamp“ außerhalb des Dorfes auf einer Wiese aufgebaut.
Als wir fragten, was denn die ganzen Zelte da machen würden, hieß es, dass dies Gringos seien, die Im Dorf bei den Bau- und Restaurationsarbeiten an den Häusern helfen würden! Da war ich dann erstmal ganz schön baff… Aber laut Aussagen der Bewohner leisten die Gringos gute Arbeit. So profitieren also auch die wirklich abgelegensten Dörfer noch vom Tourismus, wenn auch nur ab und zu.


Hausbau in Huilloc Rucja: Derzeit helfen sogar einzelne Touristen
den Dorfbewohnern beim Bau ihrer Privathäuser.
Foto: JW


Bei all dem Trubel, mussten wir jedoch natürlich noch das Kind befragen, welches uns fehlte, nämlich die Tochter des Dorfpräsidenten Tomas. Während des Interviews war das junge Mädchen noch ziemlich schmutzig, sowohl im Gesicht als auch  an der Kleidung. Als ich  dann fragte, ob ich noch ein paar Fotos machen könne für die ganze Patenschaftssache, wurde das Kind kurzerhand geschnappt, im Gesicht gewaschen, ein Poncho und eine Mütze aufgezogen, fertig. Muss ja schließlich alles seine Ordnung haben.

 


Jeison bei der Erhebung der Daten zur Vermittlung von Paten-
schaften in Huilloc Rucja. Foto: JW


Bild 69ruc: JW bei der Erhebung der Daten zur Vermittlung von Paten-
schaften in Huilloc Rucja. Foto: Jeison

Für eine weitere Befragung fehlte uns dann aber Zeit und wir werden nochmals nach Huilloc reisen. Zu Fuß also wieder den Berg runter, und dann mit dem Moped wieder nach Ollantaytambo, wo ich mein Taxi bis nach Cusco nahm. Wieder einmal ein wunderschöner Ausflug.

Arbeit als Englischlehrer macht Spaß
Meine Arbeit in der Schule (als Englischlehrer) ist bereits fast zu Ende, da bereits am 8. August Julian kommt, welcher natürlich eingelernt werden muss und kurz darauf, nämlich am 15. August kommt auch schon meine Mama zu Besuch, weshalb ich dann für Schule kaum noch Zeit finden werde.
Jedoch hatte ich eine wirklich schöne und lustige Zeit in der Schule. Es war sehr interessant mal eine andere, als die deutsche Schulform kennenzulernen. Die ganze Sache ist viel lockerer und spaßiger. Ich glaube die Kinder gehen hier sehr viel lieber zur Schule als in Deutschland. Das liegt wohl zuallererst am Lehrer-Schülerverhältnis. Während in Deutschland, der Lehrer stets eine Person ist, die mit unglaublich viel Respekt behandelt werden muss und die NIEMALS angefasst werden darf, ist es hier mehr so, als ob die Lehrer eine freundschaftliche, ja fast schon elterliche Rolle übernehmen. Die Schüler werden sehr, sehr liebevoll von den Lehrern behandelt, was natürlich nicht heißt, dass sie keine Autorität besitzen, ganz im Gegenteil, denn wenn ein Kind nicht "gut tut", darf man es auch mal am Arm packen und vor die Türe schmeißen, während in Deutschland der körperliche Kontakt zu den Kindern praktisch verboten ist. Aber auch andersherum ist es sehr lustig zu beobachten, denn wenn beispielsweise ich in den Raum der Erstklässler komme, werde ich von bestimmt 15 Kindern angefallen, die mir um die Beine fallen und mich umarmen wollen. Natürlich machen die Kinder das nicht bei den echten Lehrern, aber wenn man überlegt, kein deutsches Kind würde dies bei einem Aushilfslehrer in Deutschland machen. Es ist einfach alles persönlicher und fühlt sich irgendwie weniger künstlich an als daheim.
Ebenso anders ist das Verhältnis der Lehrer untereinander. Sie sind sehr viel persönlicher zueinander, während ich in Deutschland oft das Gefühl hatte, dass es oftmals Streitereien unter den Lehrern gab und auch das ganze Verhältnis irgendwie steif und unpersönlich war. Natürlich möchte ich nichts verallgemeinern, denn es gibt immer Ausnahmen, ich schildere lediglich meine persönlichen Erfahrungen.
Auch ist es gar kein Thema wenn man mal 15 Minuten zu spät kommt, das merkt da meistens nichteimal jemand.
Dieses lockere Verhältnis geht jedoch ein wenig auf Kosten der Lernleistung der Kinder. Die Unterschiede der einzelnen Kinder innerhalb einer Klasse können sehr groß sein. Während das eine Kind bereits nach zwei Minuten mit einer Aufgabe fertig ist, kann es sein, dass ein anderes Kind auch nach einer halben Stunde noch nicht verstanden hat was es machen soll. Ich bin kein geschulter Lehrer und kann daher nicht beurteilen ob dies normal ist, jedoch kommt es mir etwas seltsam vor.
Etwas was mich ziemlich beeindruckt hat, war außerdem die Integration von behinderten Kindern in den ganz normalen Unterricht. Ich habe zwei Klassen unterrichtet in denen jeweils ein „spezielles Kind“ war. Ich war wirklich erstaunt und zugleich sehr erfreut wie nett und liebevoll, die anderen Kinder mit dieser Situation umgehen. Es ist für sie nichts Besonderes, sondern ganz normal. In den Pausen wird das behinderte Kind genauso integriert als gäbe es kein Handicap. Zwar bleibt dem Kind während des Unterrichts nicht immer besonders viel "hängen", allerdings kann man in der Schule auch noch andere Dinge lernen als Lesen, Schreiben und Rechnen. Die behinderten Kinder wachsen in einem ganz normalen Umfeld auf und lernen auch den ganz natürlichen Umgang mit anderen Menschen und im Endeffekt ist das doch viel wertvoller für das spätere Leben, als Integrale zu berechnen oder Gedichte zu analysieren.
Die Zeit in der Schule war wirklich sehr schön, auch wenn es zum Schluss dann etwas anstrengend wurde, denn nachdem ich alles von mir erzählt hatte und normalen Unterricht machen wollte, war ich nicht mehr besonders Interessant und es gab auch nicht mehr besonders viele Gründe mir Aufmerksamkeit zu schenken. Ich musste also oft rumschreien oder mal jemand vor die Türe setzten. Aber dennoch hat es fast immer viel Spaß gemacht.
Fotos aus dem Schulleben von JW siehe ganz unten am Ende dieser Seite!!!

Zu Colibrí kommen wieder mehr Kinder
Nun noch ein paar Neuigkeiten zu Colibri wo in letzter Zeit gottseidank wieder mehr los ist. Nicht nur kommen mehr Kinder, es sind auch ständig neue Freiwillige da. In der Spanne zwischen diesem und dem letzten Bericht, sind bestimmt fünf neue Volontäre gekommen und auch schon wieder gegangen. Viele kommen nur für eine oder zwei Wochen, und nur wenige sind mehrere Monate hier. Man genießt also schon einen Sonderstatus wenn man so viel Zeit dort verbringt wie die Volontäre von La Balanza.

Jedenfalls kommen endlich wieder mehr Kinder was meiner Meinung nach daran liegt, dass Juni und auch noch Anfang Juli sehr viele Feste in Cusco sind. Die Kinder (meist aus armen Familien) müssen also ihren artesaniastrickenden Müttern dabei helfen, an die vielen Touristen zu verkaufen, die sich während dieser Zeit überall finden. Es ist nun wieder ein wenig ruhiger geworden, weshalb wohl wieder mehr Kinder den Weg zu Colibri finden.
Montag der 15.07. war der Geburtstag einer französischen Volontärin und es war wirklich ein wunderschönes und lustiges Fest. Es gab Erfrischungsgetränke (Chicha), kleine Häppchen, Wackelpudding und eine Sahnetorte. Es wurde viel gesungen, getanzt und gelacht und wir hatten alle einen Riesenspaß.

Bild 106colib: Geburtstagsfeier bei Colibrí. Foto: Kinder von Colibrí


Geburtstagsfeier bei Colibrí. Foto: Kinder von Colibrí

Die von La Balanza gekaufte Stereoanlage in Colibri funktioniert tadellos und auch mit dem kleinen Mischpult gibt es inzwischen überhaupt keine Probleme mehr.
Viele der Kinder habe ich bereits tief in mein Herz geschlossen und es graut mir bereits davor sie bald wieder verlassen zu müssen… Jedoch habe ich bis dahin ja noch Zeit und auch mit meiner Mama werden wir wohl desöfteren Colibri besuchen, denn das ist genau ihr Ding. Kleine schmutzige Kinder mit klebrigen Händen, Rotznasen und Schorf im Gesicht.

Softwareentwicklung des Yupana Inka dauert noch
Gerne würde ich nun noch Neuigkeiten zur Software und dem Yupana berichten, allerdings muss ich euch leider sagen, dass es gar keine Neuigkeiten gibt. Das einwöchige Treffen mit Hilario und Gabriel war wohl doch etwas zu hoch gegriffen für peruanische Verhältnisse. Allerdings werde ich Hilario eine Nachricht schreiben um einmal nachzufragen, wie die ganze Sache denn nun ausschaut und eventuell gibt es dann mal einen Bericht ausschließlich über die Software. Ich bin mir sicher Gabriel braucht einfach viel Zeit um die Demoversion der Software zu erstellen, immerhin ist er kein Programmierer und hat auch noch einen Beruf um Geld zu verdienen. Jedoch bin ich mir sicher, dass es nicht zu einem Stillstand gekommen ist und lediglich die Zeit der entscheidende Faktor ist.


Ausflug in den Dschungel
Zum Schluss noch möchte ich euch noch mitteilen, dass ich aufgrund der wirklich unangenehmen Kälte die hier die letzten Wochen vorherrscht, ab nächster Woche mal eine Weile Urlaub in Quillabamba machen werde. Nelly ist bereits schon wieder dort  und auch ich werde der Kälte entfliehen und bis Ende Juli in die „Stadt des nie endenden Sommers“ flüchten. Quillabamba ist der Beginn des Dschungels und wirklich ein traumhaftes Städtchen. Man möchte meinen, dass es dort keine Zeit gibt und das Beste ist, es ist einfach das ganze Jahr wunderschön warm und um diese Jahreszeit regnet es dort kaum. Einen Wochenendausflug habe ich bereits dorthin unternommen und ich kann es kaum erwarten wieder zurückzukehren.

So, nun hoffe ich natürlich wie immer euch gefällt mein kleines Resümee der Ereignisse die sich in den letzten Wochen ereignet haben und selbstverständlich freue ich mich über jede Rückantwort eurerseits.
Ganz arg liebe Grüße aus dem frösteligen Cusco
Euer JW

Anmerkungen
Geschrieben von Klaus Flad
JW 
benutzt in seinem Bericht oft den Ausdruck "Dorf". Zum bessern Verständnis sei angemerkt, dass in den Dörfern, in denen La Balanza tätig ist in der Regel die Häuser sehr weit voneinander entfernt stehen. So besteht von vielen freistehenden Häusern kein Sichtkontakt zum Nachbarhaus, weil sich dieses oft hinter dem nächsten Berg befindet. Dies erschwert unsere Arbeit in den Dörfern etwas, weil der Volontär zur Erhebung der Daten für die Patenschaften oft auch innerhalb des "Dorfes" weite Wege zu Fuß zurück legen muss.
Wie JW in seinem Bericht richtig geschrieben hat, lässt die zuständige Verwaltung von Ollantaytambo derzeit im Dorf Rucja erstmals ein Leitungswassernetz installieren. Der Bau dieser wichtigen Maßnahme haben die Dorfbewohner den zweijährigen Anstrengungen und Verhandlungen von La Balanza mit der zuständigen Verwaltung zu verdanken.
JW schreibt außerdem, dass die Produktion der Bausteine für das von La Balanza mitfinanzierte Dorfgemeinschaftshaus in Rucja bereits hergestellt werden. Dabei handelt es sich um so genannte und für Peru sehr typische Adobe-Bausteine. Deise werden von den Comuneros (Dorfbewohnern) eigenhändig hergestellt und zwar aus Lehm-Erde, in welche zur besseren Wärmedämmung mit den Füßen in mühevoller Arbeit getrocknetes Stroh getreten wird. Anschließend wird die Lehm-Erde in Blöcke geschnitten und getrocknet.
Nachfolgend die aktuellen Fotos von JW, die während seiner Tätigkeit an der Schule in Cusco entstanden. Viel Spaß beim Betrachten.

Bild 77Schule


























 
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