La Balanza e.V. Böttingen
  September 2013
 
Böttingen/Königsheim, 28. September 2013
Geschrieben von La Balanza Deutschland
JW kam wohlbehalten zuhause in Königsheim an
Gestern Abend gegen 22:30 Uhr kam unser Freiwilliger JW wohlbehalten mit 24-stündiger Verspätung in seinem Heimatort im Kreis Tuttlingen bei seinen Eltern an. JW wird heute Abend bei der Jahreshauptversammlung im Landgasthof "Kreuz" in Königsheim (ab 19:30 Uhr) dabei sein und im Anschluss an den offiziellen Teil in Wort und Bild kurz über seine Erfahrungen berichten. Wir danken JW für seinen sechsmonatigen Einsatz im Namen von La Balanza und freuen uns schon sehr auf seine Ausführungen und heißen in herzlich willkommen in Deutschland.
Böttingen/Königsheim, 28. de septiembre de 2013
Escrito por La Balanza Alemania
JW regresó bien a casa en su pueblo Königsheim en Alemania

Ayer por la noche JW regresó bien a casa de su familia con 24 horas de retraso. Hoy por la tarde JW irá a la reunión principal de La Balanza. Nos informará sobre su trabajo y sus experiencias en el Perú. Nos mostrará algunas fotos. Bienveniodo en Alemania JW. Nos alegramos escucharte hoy por la tarde en la reunión. 

Cusco, 9. September 2013
Geschrieben von Julian Keller
Colibrí-Kinder geben Kirchenkonzert mit Karaoke-Anlage von La Balanza

Hallo Familie, hallo Freunde,
schon wieder ist einige Zeit seit meinem letzten Bericht vergangen und wieder gibt es einiges zu berichten. Über die Schwitzhütte mit Hilario kann ich leider doch nichts berichten, da das leider nicht geklappt hat. In der vergangenen Woche traf ich mich wieder mit Nelly bei ihr zu Hause, wo ich dann Jeison kennen gelernt habe. Jeison wird uns bzw. mich ab und zu in die Dörfer begleiten, da er Quechua spricht, er schon öfters dabei war und er sich somit gut auskennt dort. Bei Nelly haben wir uns dann noch einen Überblick über die Patenschaften gemacht bzw. über die Daten der Kinder, die bereits aufgenommen wurden. Des Weiteren haben wir besprochen, dass JW und ich noch einmal nach Ollantaytambo gehen werden, um dort noch einmal zu fragen, was dem Krankenhaus fehlt, damit wir die Medizinpakete vorbereiten können.
Da es hier sehr viele Feiertage gibt, hat auch die Polizei ihren Feiertag, welcher letzte Woche stattfand. Dies hieß für die Kinder von Colibri, dass sie endlich ihre lang geprobten Lieder vorsingen konnten, da Colibri ein Programm der nationalen Polizei von Peru ist. Zusammen mit den beiden Leitern von Colibri Samuel Quispe und Carlos und einer anderen Volontärin, wurden wir von einem Polizeiauto abgeholt und zu einer Kirche gefahren.

Aufbruch zum Kirchenkonzert. Foto. Julian Keller
 
Im überladenen Polizeiauto zum Kirchenkonzert. Foto. Julian Keller

Während den Pausen des Pfarrers trugen die Kinder ihre Lieder als Chor in der Kirche vor und anschließend gab es eine Art Umzug in einen Gemeinderaum.
Dort angekommen eröffneten eine Sängerin von Colibri mit ihren vier Tänzerinnen und Tänzern und der von La Balanza gesponserten Karaokeanlage die Feier. Der Rest der Kleinen setzte sich keineswegs an den Rand und war froh, dass er/sie nicht gerade vorne stehen muss, um zu singen, (wie es wahrscheinlich in Deutschland der Fall wäre, mich eingeschlossen) sondern schnappten sich einen der anwesenden Männer, um mit ihnen zu tanzen. Anfangs konnte ich mich noch davor drücken, vor den ganzen Leuten zu tanzen, zumal ich ja mit Fotos machen "beschäftigt" war, doch als, dann der Akku meiner Kamera leer war, gab es selbst für mich keine Ausrede mehr. Im Nachhinein bin ich froh darüber, da es auch viel Spaß gemacht hat.

Kirchenkonzert der Kinder von Colibrí. Foto. Julian Keller


Einsatz der von La Balanza gespedeten
Karaoke-Anlage beim Kirchenkonzert. Foto. Julian Keller


Der Star von Colibrí, Glorinda (mitte) mit ihren
Mitsängern und Tänzern beim Kirchenkonzert. Foto. Julian Keller


Mein Ausflug nach Ollantaytambo - prähistorische Kultur pur
Vergangenen Sonntag war ich bereits mit ein paar Freunden in Ollantaytambo, als JW und MW noch müde im Bett lagen, von ihrem Ausflug an den Machu Picchu, von welchem sie mir eindrücklich erzählt haben, sodass ich am liebsten auch sofort hingegangen wäre.
Wir trafen uns Sonntag Morgen, an der Plaza de Armas (dem Hauptplatz in Cusco), wo ich dann zum ersten mal eine der dort häufig vorgeführten Zeremonien ein wenig mitverfolgen konnte, die dort jeden Sonntag stattfindet. Es waren viele Zuschauer dort und auch eine große Anzahl an Militärtruppen und Offizieren, die dann gemeinsam die Flaggen von Peru schwenkten bzw. hissten.
Ollantaytambo kann man von Cusco aus gut mit dem Colectivo (Sammeltaxi) in weniger als zwei Stunden erreichen. Außerdem gibt es in Ollantaytambo recht große Inka-Ruinen, welche man für ein Eintrittsgeld auch besuchen kann. Jedoch waren wir der Meinung, dass die Ruinen aus der Ferne deutlich beeindruckender aussehen und somit legten wir uns einfach ein bisschen an den Fluss und betrachteten die Ruinen aus der Ferne.


Die Inka-Ruinen von Ollantaytambo. Foto. Julian Keller

Organisation von Medizinpaketen für verschiedene Krankenstationen

JWs Mutter reiste letzten Dienstag wieder ab und somit waren wir dann was kochen und waschen angeht, auf uns allein gestellt und natürlich ging mein erster Waschversuch gleich mal in die Hose. Wir fuhren dann am Donnerstag wieder nach Ollantaytambo, um dort das Krankenhaus zu besuchen. Dieses Mal hatten wir mehr Glück und konnten gleich mit dem Arzt sprechen, welcher meinte, wir sollen in zwei Stunden wieder kommen, damit er in dieser Zeit eine Liste schreiben konnte, was dem Krankenhaus fehlt. Wir schauten uns ein wenig Ollantaytambo an und als wir zum Krankenhaus zurückgingen, legte uns der Arzt auch schon eine dreiseitige Liste vor, was das Krankenhaus gebrauchen könnte, des Weiteren meinte eine Arzthelferin, dass Klamotten für Kinder auch sehr nützlich wären. Anschließend bekamen wir noch eine kleine Führung durch das Krankenhaus, wo wir dann den schlechten Zustand erst richtig zu Gesicht bekamen. Der Doktor erklärte uns, dass es hier absolut an Unterstützung mangelt und zeigte uns auch ein Rohbau der direkt mit dem Krankenhaus verbunden war. Dies sollte ursprünglich der Anbau für das Krankenhaus werden, doch die Arbeit wurde einfach still gelegt.
Was wir dem Krankenhaus alles von der Liste erfüllen können, müssen wir kommende Woche mit Nelly besprechen. Das waren dann schon die ersten drei Berichte von meinem heute genau einmonatigen Aufenthalt in Cusco. Es wird noch einiges in den verbleibenden fünf Montane zu berichten geben.
Grüße nach Deutschland
Julian

Anmerkungen von La Balanza Deutschland: 
Jeison, von dem Julian in seinem ersten Absatz schreibt, ist Entwicklungshelfer. Zusammen mit seinen Eltern hat er eine Meerschweinchenzucht (Cuyzucht). Als Partner von La Balanza hat Jeison die Meerschweinchenzucht in Huilloc Chimpa in die Wege geleitet.
Inwieweit beim Krankenhausanbau durch La Balanza Unterstützung geleistet werden kann, wird demächst abgeklärt.


Böttingen, 3. September 2013
Geschrieben von Klaus Flad
Berichte über den Besuch in den Dörfern aus Sicht dreier Autoren mit Erläuterungen von Nelly
Bereits am 20. und 27. August 2013 erhielten wir gleich drei sehr lesenswerte Berichte zu einem Besuch in den Dörfern, die ich sehr gerne unter dieser Meldung eingestellt habe. Zu den Berichten möchte ich noch folgendes anmerken: Am 8. August traf JWs Nachfolger Julian in Cusco ein. Nur eine Woche später, am 16. August bekam JW Besuch von seiner Mutter MW. Am 18. August reisten die drei zusammen mit Nelly und Wenchy in die von uns betreuten Dörfer Ocotuan und Rucja. Außerdem besuchten sie die Krankenstationen (Krankenhäuser) in Chincero und in Ollantaytambo. Was sie bei ihrer Resie für unseren Verein organisierten und vor allem auch persönlich emotional erlebten, haben MW, Julian und JW in ihren Berichten sehr eindrucksvoll geschildert. Ich danke euch dreien für euere gute Arbeit und für die sehr tollen Berichte. Besonders danke ich dir, MW, für die Erlaubnis, deinen offenen und vor allem liebevoll und emotional verfassten Bericht auf unserer Homepage einzustellen. Derlei Emotionen verspüre ich ebenfalls jedesmal bei jedem Besuch in den Dörfern. Besser hätte man die Eindrücke, die in den Dörfern auf einen einwirken nicht beschreiben können.
Unsere Vereinsmitglieder hier in Deutschland arbeiten ehrenamtlich für diese gute Sache. Ehrenamtlich in dem Sinne, dass sie keinen "finanziellen" Lohn für ihre Tätigkeit erhalten. Sie sind alle eingeladen, bei einer Peru-Reise und einem Besuch in den Dörfern sich ihren "Lohn" auf diese Art und Weise abzuholen indem sie das, was du, MW, so eindrucksvoll beschrieben hast, selber erleben.
Unter den Berichten unser deutschen Autoren habe ich noch eine Anmerkung von Nelly (in spanischer Sprache, mit deutscher Übersetzung) eingestellt.

Cusco, 20. August 2013
Geschrieben von MW
Auf Schotterwegen durch atemberaubende Landschaften zu scheuen Buben und Mädchen in zerrissenen Kleidern
Hallo D., hallo Klaus,
ich konnte heute Morgen bis fünf Uhr schlafen und habe jetzt noch Zeit meine Gedanken in Worte fassen:
Allein die Fahrt mit dem Auto nach Ocotuan war abenteuerlich. Die Straßen glichen zeitweise Schotterwegen, die ins Nirgendwo führen sollten. Die hügelige Landschaft, auf welche die Sonne schien, verströmte ein rötlich strahlendes Licht, das mich bereits im Auto von Wenchy ins Staunen versetzte. Ich musste aber auch an Wenchys neues Auto denken, das unter den Strapazen der Straßenverhältnisse und des stark aufwirbelnden Staubes bestimmt einen Schaden bekommen könnte. Hatte er doch noch mit Stolz und Innbrunst vor Antritt der Reise seine Scheiben des Wagens mit einem Tuch entstaubt.
Wir waren wohl mehrere Stunden unterwegs bis wir in Urubamba ein Restaurant ausfindig machten, wo wir gut und preiswert zu Mittag essen konnten. Ich hatte furchtbaren Hunger, da ich von meiner inneren Uhr her immer noch in der deutschen Zeit hänge. Das Essen, welches als Buffet angeboten wurde, schmeckte einfach köstlich. Ich könnte hier immerzu essen und liebe (fast) alles, was ich vorgesetzt bekomme. Obwohl ich in Deutschland weitestgehend vegetarisch lebe, habe ich hier in Peru eine schier unbändige Gier nach Pollo (Huhn), egal welche Art der Zubereitung. Ich gebe diesem Bedürfnis einfach nach und verzeihe es mir. Beim Essen unterhielten sich Wenchy, JW und Nelly sehr angeregt miteinander. Ich fühlte, dass die drei ein sehr inniges, fast schon elterliches, Verhältnis zueinander haben. Und ich saß dabei und war ihrer Sprache nicht mächtig. Ich ertappte mich sogar dabei, wie ein Anflug von Eifersucht in mir breitmachen wollte. Diesen Gedanken konnte ich jedoch gleich wieder verwerfen, denn im Grunde meines Herzens empfinde ich Gott gegenüber eine große Dankbarkeit, da JW bei den beiden Menschen nicht nur ein Dach über dem Kopf bekommen, sondern ein Zuhause gefunden hat. Nelly sagte, dass JW für sie wie ein Sohn sei. Welch großes Geschenk JW und uns als Eltern da zugekommen ist!!!
Nach dem üppigen Mahl fuhren wir gestärkt weiter und ich war heilfroh darüber, dass ich so viel gegessen hatte. Ich ahnte ja nicht, was noch auf mich zukommen sollte.
Der Aufstieg zu dem Dorf Rucja war eine echte körperliche Herausforderung für mich. Es ging steil bergauf auf steinigem, engen Weg und ich musste stetig nach ein paar Schritten stehen bleiben um buchstäblich nach Luft zu ringen. Obwohl ich eigentlich ein ganz sportlicher Typ bin, kam ich mir vor wie eine alte Frau, der bei kleinster Anstrengung die Puste ausgeht. Alle anderen, Julian, JW , Wenchy und Nelly schienen den Strapazen viel besser gewachsen zu sein als ich. Wenchy meinte dass sich mein Organismus nach dieser kurzen Zeit einfach noch nicht umstellen konnte. Alle waren sehr rücksichtsvoll und nahmen sich meiner an. Wenchy suchte mir einen Gehstock, JW ging immer eng neben mir und belustigte mich mit seinen Sprüchen. Nelly meinte, dass meine Langsamkeit ihr auch zu Gute käme um zwischendurch auszuruhen und Julian hatte durch die Pausen genügend Zeit um mit seiner Kamera seine Eindrücke einzufangen. Somit war jedem geholfen. Julian stieg den Berg souverän und ohne jegliche Kurzatmigkeit hinauf. Schließlich ist er gut durchtrainiert und begeisterter Fussballer. Allein der Fußmarsch war, trotz Atembeschwerden, ein Erlebnis, welches man nicht oft in seinem Leben hat und die Umgebung war für mich im wahrsten Sinne des Wortes „atemberaubend“. Ich war nicht einmal in der Lage Bilder mit meinem kleinen Foto zu machen, da ich viel zu sehr damit beschäftigt war die Landschaft in mich aufzusaugen und dabei das Atmen nicht zu vergessen. JW machte ständig Bilder von mit seinem Teleobjektiv, da ich wohl ein jämmerliches Bild abgegeben habe. Aber das störte mich keineswegs.

Bild IMG_4204: Wie eine alte Frau mit Gehstock, der bei kleinster Anstrengung
die Puste ausgeht, fühlte sich MW (links) bei ihrem
Aufstieg ins 3800 m hoch gelegene Dorf Rucja.
Foto: JW


Endlich oben auf dem Berg angekommen, waren auch schon die ersten Häuschen zu sehen, die sich großflächig über die bezaubernde Landschaft zerstreuten. Wir rasteten auf einem Platz vor den Häusern. Es dauerte auch nicht lange, da kam schon Tomas zu uns um uns zu begrüßen. Nachdem ich wieder problemlos Luft bekam, bzw. es gar nicht mehr so richtig registrierte, tauchten wie aus dem Nichts heraus, die beiden kleinen Töchter von Tomas auf. Ganz langsam und voller Scheu näherten sie sich uns, den komisch aussehenden Fremden. Was für eine unendliche Freude in mir aufkam als ich diese beiden kleinen Mädchen sah, kann ich nur schwer beschreiben. Sie dürften so knapp drei oder vier Jahre alt gewesen sein.


Glücklich mit Kindern: Die ehemalige Erzieherin des Böttinger
Kindergartens, MW, zusammen mit zwei Mädchen
im Andendorf Rucja. Foto: MW


Am liebsten hätte ich sie sofort gehalten und allzu gerne auf den Arm genommen. Aber ich konnte mich ja beherrschen und zurücknehmen. Dafür gab ich ihnen ein paar kleine Kaubonbons und pustete jedem einen Luftballon auf. Wie scheu sie doch waren und zurückhaltend im Gegensatz zu unseren oft verwöhnten und ungezogenen Kindern, die sich oft laut und beinahe unbändig verhalten können. Es vergingen nur wenige Minuten, bis nach und nach weitere Kinder den Weg zu uns fanden.


MW fühlte sich wohl bei den Familien von Rucja.
Foto: JW

Als sie dann ihre kleinen, braunen und rauhen Händchen aufhielten, in denen ich ihnen die Bonbons reinlegte, bekam ich jedes Mal einen Stich ins Herz, denn ich erinnere mich genau an die Zeit, in der in noch als Erzieherin im Kindergarten gearbeitet habe. Wie gleichgültig, fast schon überdrüssig vor Süßkram die Kinder die Süßigkeiten entgegen nahmen, die die Eltern bei einer Geburtstagsfeier in kleine Beutelchen abpackten, damit sie den Rest, den sie im Kindergarten nicht schafften, nach Hause nehmen konnten. Julian teilte noch für jedes einen Lutscher und für die Mädchen kleine, bunte Haargummis aus. Das ganze „Beschenken“ verlief so langsam und andächtig. Die Kinder waren so geduldig und keineswegs zudringlich oder fordernd. Eine völlig neue und schöne Erfahrung für mich. Irgendwann waren wir umgarnt von mehreren Mädchen und Jungen, eines schöner als das andere. Wir spielten mit den Luftballons, welche der starke Wind herumwirbeln ließ. Das brachte die Kinder und auch die Mütter, die die ganze Zeit mit dabei saßen,  zum Lachen. Dabei kamen mir oft Gedanken wie: „was werden die über mich denken,“ oder „ wie kann die so kindisch sein“. Dabei konnte mir JW doch diese Befürchtung nehmen indem er bemerkte: „Mama, die denken nicht so wie wir!“
Einmal, als ich mich zu den Frauen umdrehte, wollte sich gerade eine Mutter ein Gutzle von ihrem Kind in den Mund stecken. Als sie bemerkte, dass ich das sah, gab sie es schnell ihrem Kind wieder. Wie sehr beschämte mich das! Ich hatte doch gar keinen Gedanken daran, dass die Süßigkeiten nur für die Kinder bestimmt waren. Schnell schoß ich hoch und lief zu meinem Rucksack, um den Frauen die restlichen Süßigkeiten auszuteilen. Sie bedanken sich alle so freundlich, was mich noch mehr beschämte.
Ich konnte den Kindern und Frauen nicht mehr geben als süßes klebriges Zeug, was ihre schönen weißen Zähne nur unnötig schädigt, und einen Luftballon, der irgendwann nach seinem Zerplatzen irgendwo als Restmüll in deren unberührten und wunderschönen Landschaft herumliegen wird. Und was habe ich dafür bekommen? Eindrücke und Emotionen, die ich noch nicht einzuordnen weiß.
Während unseres gesamten Aufenthalts in der kleinen Gruppe von Menschen und Tieren, auf dem staubigen und trockenen Boden sitzend, war ich emotional so stark berührt, dass ich mit den Tränen zu kämpfen hatte. Ich wusste gar nicht genau was es war, was mich so berührte. Waren es die zauberhaften Kinder, die lieben freundlichen Frauen oder die vielen friedlichen Tiere, die alle in Freiheit und ohne Zäune friedlich und großflächig einfach so weideten? Oder war es die Einfachheit und Armut dieser Menschen oder deren Ausstrahlung? Ich kann es nicht sagen. Ich weiß nur, dass ich diese Art, wie sie symbiotisch mit den Tieren und ihrer Natur leben aus tiefstem Herzen bewundere und beneide. Es ist mir dabei bewusst, dass der Alkoholmissbrauch und die damit verbunde Gewalt und Armut ein enormes Problem in manchen Andendörfern darstellt. Aber von alledem habe ich in diesen Momenten nichts gespürt. Eine Mama forderte ihr Kind sogar auf, sich enger neben mich zu setzen. das Mädchen stand auf und setzte sich auf meinen mit Staub übersäten Schoß. Ich hielt es in meinem Arm und war einfach nur glücklich darüber, das Kind halten zu dürfen, es anzuschauen und über seine verdreckten, zerrissenen Kleider zu streicheln.
Es schaute mich an und lächelte. Wie gerne hätte ich das kleine rote Gesichtlein mit einem weißen, warmen und feuchten Frotteewaschlappen gereinigt. Zum Glück war keiner in Reichweite!!!

 
Glücklich mit Kindern: Die ehemalige Erzieherin des Böttinger Kindergartens, MW
zusammen mit zwei Mädchen im Andendorf Rucja. Foto: JW


Was Wenchy, Nelly, die Jungs und die Männer besprochen haben, bekam ich gar nicht mit. Das ist dann der Part der Jungs, dies in ihrer Arbeit zu berichten.
Ich war ja auch viel zu sehr mit den Kindern und Frauen beschäftigt, die mich lächelnd beobachteten. Wie gerne hätte ich ihre Sprache verstanden und mich mit ihnen ausgetauscht. Jedoch spreche ich weder spanisch, was ich inzwischen sehr bedauere, noch quechua. Spanisch hätten sie ohnehin nicht verstanden. Somit unterhielten wir uns halt mit dem was wir konnten, mit Blicken, Lächeln und Berührungen.
Plötzlich und für mich völlig unerwartet war Aufbruchstimmung. Ich  war doch noch gar nicht bereit um Abschied von allem hier zu nehmen und jetzt musste ich schon gehen? Am liebsten wäre ich dort geblieben um genau auf diesem Platz ein Zelt für die Nacht aufzuschlagen, damit ich am anderen Morgen hier aufwachen durfte. Es half alles nichts. Ich musste mich schweren Herzens verabschieden und den Rückweg antreten. Obwohl ich die ganze Zeit meine Tränen zurückhalten konnte, gelang es mir nun nicht mehr und sie rannten mir unter meiner großen Sonnenbrille beim Abstieg hervor. Ich konnte kein Wort mehr sprechen und wollte dies auch nicht. Auf die Anfrage von JW, ob wir noch auf dem Rückweg bei, ach ich weiß nicht wem oder was, vorbeigehen sollten, sagte Wechy bestimmend und ruhig: „ Nein, es ist schon spät und MW ist sehr müde. JW geh zu deiner Mutter und nimm sie an die Hand.“ Wie dankbar war ich über seine emphatische und sensible Art. JW nahm mich an die Hand und wir marschierten alle gemeinsam der Berg hinunter. Zum Glück stellte mir niemand irgendwelche Fragen, auf die ich ohnehin nicht hätte antworten können.
Auf dem Nachhauseweg waren wir alle müde und erschöpft. Ich hatte das Bedürfnis einfach nur zu schlafen, denn es war bereits auch schon sieben Uhr als wir in Cusco ankamen und ich war ja schon seit ein Uhr morgens hellwach.
Heute Morgen habe ich wenigstens bis fünf Uhr geschlafen. Das ist mehr, als ich erwartet habe. Und schon wieder verspüre ich den Wunsch, dieses Erlebnis noch einmal während meines Peruaufenthaltes erleben zu dürfen.
Jetzt erst kann ich mich in JWs Lage versetzen und nachempfinden, was er hier erleben konnte und noch erleben wird. Es war bestimmt nicht immer leicht für ihn mit all den Eindrücken, der Andersartigkeit der Menschen, der Sprache und den damit verbundenen Unsicherheiten und Gefühlen als junger Mensch klar zu kommen. Ich habe Hochachtung vor ihm freue mich darüber, dass er das alles hier erleben darf.
Herzliche Grüße
MW

Cusco, 27. August 2013
Geschrieben von Julian Keller
Mein erster Besuch in den Dörfern
Liebe Familie, Liebe Freunde,
schon wieder ist eine Woche hier in Peru vergangen und auch die vergangene Woche brachte viel mit sich, worüber ich berichten möchte. Wie bei dem Treffen bei Nelly besprochen, machten wir uns am vergangenen Sonntag auf, um die ersten Dörfer zu besuchen. Nelly und Wenchy holten uns um 9 Uhr mit Wenchys Auto ab, welches sich als sein Heiligtum zeigte, da er ständig das Auto mit einem Tuch abgerieben und geputzt hat. Die Autofahrt zum ersten Dorf war schon sehr interessant, da man viel von Cusco und von der Landschaft um Cusco sehen konnte, welche sehr beeindruckend ist. Im ersten Dorf mit dem Namen Ocotuan waren wir verabredet mit einer Lehrerin, die dort in der Schule unterrichtet.
 

Die Gegend um Ocotuan. Foto: Julian Keller

Das Dorf liegt an einem sehr schönen See (eine Lagune, sie ist der Trinkwasserspeicher für die Stadt Cusco) und es war erfreulich endlich mal wieder ein Gewässer inmitten dieser Berge zu sehen.
 

Die Lagune bei Ocotuan ist der Trinkwasserspeicher Cuscos.
Foto: Julian Keller

Dort angekommen, lief es mal wieder, wie es hier so oft läuft, die Lehrerin war nicht im Dorf. Stattdessen haben uns zwei junge Mädchen durch das Dorf geführt und uns gezeigt, wo die Lehrerin wohnt, doch auch dort war niemand. Man muss sich hier daran gewöhnen, dass die Leute oftmals sehr unzuverlässig sind und entweder viel später als zum vereinbarten Zeitpunkt kommen oder eben gar nicht, was ich auch schon bei meinem Tandem-Partner merken konnte. Nelly nahm noch die Informationen über eines der beiden Mädchen auf, um möglicherweise eine Patenschaft nach Deutschland zu vermitteln. Jedoch ist dies noch nicht sicher, da das Mädchen nicht aus Ocotuan kommt, sondern aus einem Nachbardorf.
 

Dürfen sich vielleicht bald über deutsche Pateneltern freuen: 
Kinder in der Gegend von Ocotuan. Foto: Julian Keller

Anschließend besuchten wir noch die Krankenhäuser in Chinchero und in Ollantaytambo, da wir für die dortigen Krankenhäuser Medizinpakete machen wollen und uns vor Ort erkundigen wollten, was den Krankenhäusern momentan fehlt. Doch auch dort konnten wir keinen Arzt antreffen, der uns Auskunft darüber geben konnte und somit konnten wir nur Nellys Telefonnummer dort lassen, damit sie sich melden können.
Das Highlight des Tages sollte aber noch kommen. Um in das zweite Dorf des Tages zu kommen, mussten wir das Auto abstellen und anschließend einen Fußmarsch von etwa 45 Minuten steil bergauf bestreiten. Doch mit jedem Schritt weiter nach oben, bekamen wir eine noch gigantischere Aussicht, über das Tal, das unter uns lag.
 

Gigantische Aussicht über das Tal, aufgenommen bei Rucja.
Foto: Julian Keller

Das Dorf Rucja besteht nur aus wenigen Häusern mitten auf einem Berg, der an der Spitze knapp 4000 Meter hoch ist. Oben angekommen wurden wir von Tomas, dem Dorfpräsidenten, und seinen zwei kleinen Töchtern empfangen. Nach und nach kamen vier weitere Frauen mit ihren Kindern und setzten sich zu uns. Wir hatten auch ein paar Kleinigkeiten für die Dorfbewohner dabei und so bekamen sowohl die Kinder, als auch die Erwachsenen ein paar Süßigkeiten und die Mädchen noch ein paar Haargummis.
 

Julian bei den Kindern in Rucja. Foto: MW
 

Tomas hieß uns willkommen und unterhielt sich mit Nelly und Wenchy. JW und ich konnten uns nicht wirklich mitunterhalten, da die Leute dort nur Quechua sprechen. Wir mussten uns deshalb immer von Nelly erklären lassen, worum es geht. Da die Dorfbewohner bereits alle Personalausweise haben, mussten wir dies nicht mehr beantragen und somit einigten wir uns darauf, dass wir dem Dorf neue Fußballtrikots und zwei neue Bälle schenken. Desweiteren soll in Rucja ein Gemeindehaus gebaut werden, aber wie wir feststellen mussten, haben die Bewohner immer noch nicht damit angefangen. Wir beschlossen mit Tomas, dass ein Beauftragter für den Bau bestimmt werden soll, der sich darum kümmert.Und so ging dieser eindrucksvolle Tag dann auch schon zu Ende.
Am Montag dann hatten wir zuerst ein Treffen mit Alvaro, der für die peruanische Regierung arbeitet und illegal geschlagenes Holz konfisziert. Wir trafen uns mit ihm und zwei anderen Mitarbeitern, um zu besprechen, ob es denn möglich ist, dieses Holz für Rucja zu nutzen, um Möbel für das Gemeindehaus herzustellen, was sich aber als sehr schwierig herausstellte und somit konnte man keine Einigung erzielen. Am Abend wurden wir zu Gabriel und Hilario eingeladen, da die beiden gerade dabei sind eine Software für das Yupana Inka zu erstellen und uns ihre Fortschritte zeigten. Das Yupana Inka ist eine Art spielerisches Rechne, das Kindern ermöglicht schon mit sehr großen Zahlen spielerisch zu rechnen. Diese Rechenart stammt aus der Inka-Zeit und Gabriel und Hilario versuchen gerade eine Software für Computer herzustellen. Ich kannte das Yupana Inka zuvor selbst noch nicht und es beendruckte mich, wie leicht es funktioniert und wie effektiv es dennoch ist. Was mich aber noch mehr beeindruckte waren Gabriel und Hilario selbst. Hilario stammt selbst aus einem Andendorf und sieht aus "wie ein richtiger Indianer" (Zitat MW, JWs Mutter). Aber auch die Art wie er sprach war einzigartig, sehr ruhig und langsam und sehr philosophisch. Gabriel lud uns anschließend zu Tee und Keksen ein und spielte uns noch ein Lied auf der Flöte vor. Zum Schluss lud uns Hilario noch ein, nächste Woche mit ihm in die Schwitzhütte zu gehen, was ich im nächsten Bericht dann erzählen werde. MW und MW reisten noch von Mittwoch bis Sonntag über Puno nach Bolivien und somit war ich das erste mal allein hier. Ich kam aber recht gut zurecht und dadruch, dass ich schon ein paar Leute kennengelernt habe, war ich auch nicht wirklich allein hier. 
Grüße nach Deutschland Julian

Cusco, 27. August 2013
Geschrieben von JW
Besuch in den Dörfern mit meiner Mutter und mit Julian

Hallo Klaus, hallo La Balanza Vorstand,
nun sind zwar schon wieder über zwei Wochen vergangen seit meinem letzten Bericht, jedoch könnt ihr mir dies hoffentlich nachsehen, zumal ich einfach bis über beide Ohren damit beschäftigt war, Julian und natürlich vor allem meine Mutter hier in Cusco einzugewöhnen. Außerdem kam ja sowohl von Julian als auch von meiner Mum in der Zwischenzeit ein Bericht. Ich fasse nun kurz zusammen, was die letzten Tage so passiert ist. Julian wurde in Colibri vorgestellt und arbeitet dort regelmäßig und mit viel Freude. Des Weiteren ist am 16. August 2013 meine Mutter zu Besuch gekommen. Sie wird noch bis zum 3. September hier bleiben. Bereits am ersten Wochenende ihrer Ankunft gab es für sie den ersten Kulturschock, denn wir sind zusammen mit Wenchy, Nelly und Julian nach Ocotuan in Chinchero und nach Rukja in Huilloc gereist, jedoch dazu später mehr. Wir trafen uns mit Alvaro, um über das Gratisholz zu sprechen und wir trafen uns erneut mit Hilario und Gabriel welche uns auf den neusten Stand der Softwareentwicklung brachten. Mittwoch letzter Woche bis gestern waren wir dann noch am Titicacasee auf peruanischer sowie bolivianischer Seite und haben weiterhin eine Nacht auf der Isla del Sol verbracht.
So wohnen wir nun schon seit einiger Zeit hier gemeinsam im neuen Haus und fühlen uns alle sehr wohl. Meine Mama freut sich sehr, hier gemeinsam mit uns wohnen zu dürfen, denn so kann sie hier nochmal richtig die Mutterrolle übernehmen. Sie macht sowohl für mich als auch für Julian die Wäsche, hat bereits die Küche geputzt und macht uns von Zeit zu Zeit Frühstück und Tee. Nach all der Zeit in der ich auf mich allein gestellt war ist es auch mal wieder ganz angenehm so bemuttert zu werden und ich glaube auch Julian ist nicht unfroh darüber, nochmal eine kleine Schonzeit zu bekommen, bevor er dann ebenfalls auf sich alleine gestellt sein wird. Je länger ich hier wohne umso klarer wird mir, was für ein Glücksgriff wir hier doch gemacht haben. Das Haus ist komplett ausgestattet mit Küche, Wohnzimmer, Bädern und Waschraum und liegt zudem noch in einem der besten Viertel in Cusco. Auch wenn dies für mich nicht besonders von Bedeutung ist, gibt es einem doch Sicherheit, wenn man weiß, dass man von wohlhabenderen Bürgern umgeben ist, sowieso wenn man erst seit kurzer Zeit in Cusco wohnt. Die Nachbarhäuser sind alle sehr gepflegt und viele Häuser haben ein Auto vorm Haus stehen. Direkt gegenüber hat sich sogar jemand ein Schloss gebaut (kein Witz das Ding sieht echt aus wie ein Schloss). Uns gehört praktisch das ganze Haus und wir sind zu 100 Prozent unabhängig. Die Familie die unter uns wohnt ist nur sehr früh morgens oder abends anzutreffen, da natürlich Vater und Mutter arbeiten und die Tochter zur Schule geht. Und selbst wenn sie am Wochenende daheim sind ist es absolut kein Problem, zumal sie wirklich sehr freundlich sind und man ja auch ab und an gerne ein wenig Gesellschaft hat. Wir bezahlen wirklich einen Spottpreis aus deutscher Sicht und ich sehe dies einfach als Gottesgeschenk an. Ich bin mir sicher auch Emmy würde sich hier pudelwohl fühlen.
Nun zu den zwei Newbies und ihrem ersten Ausflug in die Dörfer.
Letzte Woche am Sonntag holte uns Wenchy zusammen mit Nelly in ihrem kleinen Crossfox vor unserem Haus ab und wir fuhren als erstes nach Ocotuan nahe der Gemeinde Chinchero (dort wird momentan immer noch ein komplett neues Krankenhaus gebaut). So gegen 10.30 Uhr kamen wir dann schließlich in Ocotuan an, fanden jedoch außer zwei Mädchen keine potenziellen Ansprechpartner vor. Eigentlich wollten wir dort abklären, welche Art von Medizinpaketen nötig wären jedoch mussten wir dies auf einen anderen Tag verschieben, da wie gesagt unsere Ansprechpartnerin Luz-Marina nicht vor Ort war. Wir erfuhren jedoch, dass es bereits so etwas wie eine kleine Arztstation gibt, welche ein- bis zweimal die Woche für ein paar Stunden geöffnet ist. Eine weitere Krankenstation existiert zwar, ist jedoch nie ganz fertig gebaut worden und verfällt langsam schon wieder. Wie es dazu gekommen ist, verstehe ich nicht ganz, die Dorfbewohner scheinen sich jedoch nicht daran zu stören, dass in ihrem Dorf einfach so ein ungenutztes, zu dreiviertel fertiges und schon wieder verfallendes Gebäude rumsteht, welches sicherlich auch einen ganzen Haufen Geld gekostet hat. Wie dem auch sei, wird dies wohl eine Aufgabe für Julian werden, erneut ins Dorf zu fahren und sich über die medizinische Versorgung zu informieren. Ganz umsonst war der Ausflug jedoch auch nicht, denn wir haben bereits ein Mädchen für eine potenzielle Patenschaft gefunden. Einziger Haken, das Mädchen kommt nicht direkt aus Ocotuan sondern aus dem direkt daneben liegenden Dorf „Humasbamba“. Ich für meinen Teil halte dies für recht unproblematisch, da an Paten in Deutschland ja absolut kein Mangel herrscht und wir problemlos Patenkinder in Ocotuan als auch in Humasbamba suchen könnten. Auch für den Volontär würde es nur unwesentlich mehr Arbeit darstellen, da die Dörfer ja nicht mal einen Kilometer auseinanderliegen. Die endgültige Entscheidung liegt jedoch beim Vorstand.
Nach unserem kurzen Aufenthalt in Ocotuan ging es dann noch in die provisorische Klinik von Chinchero. Die neue Klinik wird wohl zwar in absehbarer Zeit fertig gestellt sein, jedoch fehlt es an Medizinbeständen eigentlich immer, selbst in Cusco habe ich dies bei meinem einmaligen Krankenhausbesuch festgestellt. Leider war auch in Chinchero kein echter Ansprechpartner zur Verfügung, lediglich der Herr an der „Rezeption“ versicherte uns, dass medizinische Artikel nötig wären und so tauschten wir Nummern aus und mussten uns auf ein anders Datum vertrösten. Auch dies wird wohl in Julians Hände fallen.
Danach ging es weiter nach Urubamba wo wir einen Zwischenstopp machten und uns am herrlichen Buffet eines Restaurants zu schaffen machten. Im Nachhinein betrachtet, wäre es allerdings gescheiter gewesen, sich den Bauch nicht ganz so voll zu schlagen, zumal wir ja noch einen wirklich sehr herben Aufstieg nach Rukja vor uns hatten. Dorthin ging es nämlich direkt nach dem herrlichen, von La Balanza gestifteten Mittagessen.
Nachdem wir also nun das Auto an der kleinen Kirche direkt unterhalb von Rukja abgestellt und Wenchy einen kleinen Bub der dort wohnte beauftragt hatte, gut auf sein Schätzchen in Rot aufzupassen, begannen wir mit dem Aufstieg nach Rukja. Julian und Wenchy übernahmen die Führung und gingen uns weit voraus. Danach kamen Nelly und meine Mutter, der ich selbstverständlich zur Seite stand. Wahrscheinlich war es doch noch ein wenig früh für sie, da man doch eine gewisse Zeit braucht, bis man akklimatisiert ist und Rukja auch nochmal knapp 500 Meter höher als Cusco liegt (Rukja: 3800 m, Cusco: 3300 m).
Nach knapp einer Stunde Aufstieg, kamen wir dann doch noch im Dorf an und wurden von Thomas begrüßt. Meine Mutter hatte dann nur noch die kleinen schmutzigen Kinderlein im Sinn und verteilte mit beiden Händen Süßkram und Luftballons. Auch Julian war sichtlich überwältigt von der ganzen Situation und verteilte ebenfalls Lutscher und Haargummis. Gegen später vergnügte er sich dann ein wenig mit Wenchy und einem etwas älteren Dorfjungen, während sie gemeinsam Fußball spielten.
Nelly und ich unterhielten uns währenddessen ein wenig mit den Dorfbewohnern. Die Arbeit am Gemeindehaus hat leider immer noch nicht begonnen, woraufhin Nelly die Dorfbewohner zu mehr Organisation aufforderte. Man merkt hier noch recht deutlich, dass die einfachen Menschen aus diesem Dorf keine Organisationstalente sind. Es geht alles nur sehr langsam voran und ist ziemlich chaotisch. Es ist jedoch auch nicht fair Tomas für alles verantwortlich zu machen, denn er kann sich ja auch nicht um alles kümmern. Also hat Nelly angeordnet, bei der nächsten Dorfversammlung einen Baumeister zu bestimmen, welcher ausschließlich für dieses Projekt zuständig ist und unser zukünftiger Ansprechpartner für das Gemeindehausprojekt sein wird. Des Weiteren müssen die Dorfbewohner nun endlich mit der Produktion der Steine beginnen, da es nämlich bald schon wieder zum Regnen kommt und das Ganze dann buchstäblich ins Wasser fallen würde. Nelly sagte, dass nächsten Monat definitiv Ergebnisse zu sehen sein müssen, da das Geld sonst für etwas anderes benutzt wird (war natürlich nicht so ernst gemeint aber die Dorfbewohner brauchen einfach ein wenig Druck um in die Pötte zu kommen). Weiterhin wurde die Müllsituation besprochen, von welcher die Minicipalidad (Verwaltung in Ollantaytambo) tatsächlich keine Ahnung hat und uns sogar falsch informiert hat. Laut dieser gäbe es nämlich in den Dörfern so gut wie keinen Müll. Als wir jedoch Tomas nochmals fragten, versicherte er uns, dass es sehr wohl Müll gäbe und auch das Müllauto noch regelmäßig nach Chimpa fährt um diesen zu holen. Für Rukja hat man uns nun nach Mülleimern für die Häuser gefragt. Es gibt rund 25 Familien in Rukja wofür jedes gerne eine Mülltonne für organische und eine für synthetische Abfälle hätte. Natürlich werden wir ihnen diesen Wunsch gewähren, jedoch muss noch das ein oder andere geklärt werden. So ganz genau wusste nämlich nicht mal Tomas wie viele Familien es denn nun genau sind und zum anderen ist noch nicht geklärt wie genau sie den Müll von Rukja an die Straße bringen, wo das Müllauto kommt. Wahrscheinlich wird auch hier noch recht viel Zeit vergehen bis man mal ein Ergebnis sieht, jedoch ist der Grundstein nun gelegt und den Rest kann Julian und später Marius übernehmen. Außerdem war die Rede Von Personalausweisen, dieses Mal allerdings nicht für die Kinder sondern für die Senioren. Für die Kinder ist dies inzwischen Pflicht, denn ohne Ausweis kommen sie nicht mehr in den Kindergarten oder in die Schule. So wird dies bereits direkt nach der Geburt erledigt was ich eine sehr schöne Sache finde. Die Alten haben jedoch oftmals keine Papiere und wenn so eine Oma dann mal stirbt, ist dies scheinbar problematisch für die Hinterbliebenen, denn ohne Papiere hat die Person ja praktisch nie existiert. Wen sollte es denn dann interessieren, was mit dieser toten Person passiert, wenn sie nie existiert hat? Deshalb wurde weiterhin angeordnet bis zum nächsten Besuch eine Liste aller Dorfbewohner zu erstellen, auf der eben auch vermerkt ist ob die jeweilige Person einen Personalausweis hat oder nicht. Ich bin mal gespannt in wie weit all diese Hausaufgaben die wir erteilt haben, bis zum nächsten Besuch erledigt werden.
Natürlich wollten wir auch in Rukja Medizinpakete verteilen, jedoch macht eine größere Anschaffung, so wie sie eigentlich geplant war erst Sinn wenn das Gemeindehaus fertig ist. Denn wo sollte man denn sonst einen großen Schrank gefüllt mit Medizinartikeln unterbringen. Übergangsweise muss es wohl einfach mal ein kleiner Verbandskasten tun und alles weitere wird dann zum Gespräch wenn mal eine Örtlichkeit zur Verfügung steht. Eventuell wäre es auch sinnvoll einen richtigen Arzt oder Sanitäter zu engagieren, welcher den Dorfbewohnern einen Tag lang Unterricht gibt, wie man eine Wunde richtig versorgt. Denn was bringt ein Schrank voller Binden, Pflaster, Scheren, Sprays, Salben und Lotionen, wenn man gar nicht weiß wie man sie richtig benutzt. Dies ist liegt jedoch noch ein ganzes Weilchen in der Zukunft und wird wohl ebenfalls in den Aufgabenbereich von Julian und Marius fallen.
Nach dem Gespräch hieß es dann Abschied nehmen was besonders meiner Mutter sehr schwer viel, die von der Atmosphäre und den ganzen Eindrücken total überwältigt war und am liebsten dort geblieben wäre. Jedoch war es schon recht spät und als wir unten ankamen war es auch schon fast dunkel. Für einen Besuch in Chimpa hatten wir keine Zeit mehr und so musste auch dies auf einen anderen Tag verschoben werden. Jedoch statteten wir noch schnell der Klinik in Ollantaytambo einen Besuch ab. Unglücklicherweise konnten wir uns jedoch auch dort mit niemandem gescheit unterhalten, da der einzige Doktor gerade einen Notfall hatte und uns somit keine Auskunft geben konnte. Wir tauschten also auch hier schnell Kontaktdaten aus und verließen anschließend das Krankenhaus. So kamen wir dann gegen halb 8 in Cusco an und waren alle ziemlich erschöpft von der anstrengenden Reise.
Am Mittwoch den 21. August 2013 trafen wir uns dann nachmittags mit Hilario und Gabriel um über die Software zu sprechen. Ich bekam eine DVD mit den neusten Informationen und durfte sogar einen Vertrag unterschreiben auf dem sehr schön geschrieben stand, dass ich die Informationen erhalten habe. Gabriel meinte außerdem, dass die Arbeit leider nur sehr langsam voranging, worauf ich ihm versicherte, dass ich absolutes Verständnis dafür habe, zumal die Entwicklung einer Software normal keine Aufgabe für eine einzelne obendrein noch berufstätige Person sei. Außerdem erklärte ich ihnen, dass wir die Software in Deutschland wohl von einer Schulklasse schreiben lassen wollen. Jedoch ist es meiner und auch Gabriels und Hilarios Meinung nach unmöglich das Projekt zu realisieren, wenn nicht ein direkter Kontakt zwischen Hilario/Gabriel und dem deutschen Softwareentwickler besteht. Dafür ist es absolut notwendig einen Softwareexperten zu finden, welcher der spanischen Sprache mächtig ist. Wenn sich nun eine Schule findet, die all diese Punkte erfüllt, steht der Sache nichts mehr im Wege. Wahrscheinlich wird der Prototyp der Software jedoch noch ein wenig auf sich warten lassen und nicht wie versprochen bis September fertig sein. Zu den genaueren Informationen über den Fortschritt der Software werde ich mal noch einen extra Bericht verfassen, da dieser hier ohnehin schon wieder ziemlich lang ist.
Am selben Tag nur etwas früher haben wir uns mit einem Freund von mir getroffen, welcher, wie bereits erklärt, im Ministerium für Forstangelegenheiten arbeitet und dort Holz an ONG’s und Schulen verschenkt. Leider gestaltet sich das in unserem Fall ein wenig schwieriger als gedacht, da das Gemeindehaus in Rukja ja nicht nur Kindergarten/Schule sein wird, sondern eben ein Mehrzweckgebäude. Das Ministerium möchte nun aber nur Holz an Einrichtungen verschenken, wenn diese einen bildenden Zweck erfüllt, was in diesem Fall bedeuten würde, man müsste einen echten Lehrer/ Kindergärtner engagieren. Inwieweit das Ganze nun noch realisierbar ist, wird sich in naher Zukunft raustellen. Wir werden uns hierzu einfach nochmal mit Nelly genau darüber unterhalten.

Bild IMG_2350: Im Gespräch mit Gabriel (2. v.l.) und Hilario (3. v.l.): 
Julian (rechts vorne) und JW.
Foto: MW

Zum Schluss noch kurz die Information, dass ich mit meiner Mutter vier Tage unterwegs nach Puno, an die Copacabana und auf der Isla del Sol war. Wir hatten eine wirklich sehr schöne Zeit und so hat meine Mutter nicht nur Peru sondern sogar noch einen kleinen Teil von Bolivien gesehen. Es war schon ziemlich abenteuerlich, wegen einem Tag aus Peru auszureisen und nach Bolivien einzureisen, und das ganze am nächsten Tag zu wiederholen, jedoch nur umgekehrt. Ich hatte das Gefühl, das Ganze ist eher so ein kleiner Gag, damit man danach halt ein paar Stempel im Reisepass hat. Denn so wirklich kontrolliert hat man die ganzen Zettelchen, die man im Bus ausfüllen musste, nicht wirklich. Und den Impfpass wollte auch niemand sehen, obwohl es gesetzlich Pflicht ist, eine Gelbfieberimpfung vorzuweisen wenn man nach Bolivien reist. Vielleicht wird das Ganze etwas ernster genommen, wenn man an einer anderen Stelle nach Bolivien reist. Jedenfalls hatten wir ein paar schöne Tage und das Wetter hat auch fast bis zum letzten Tag mitgespielt, an welchem es dann zu regnen anfing.
So nun hoffe ich mein neuster Bericht hat euch gefallen und ihr seid nun wieder ausreichend informiert über unsere Tätigkeiten in Peru. Von mir wird dies einer der letzten Berichte gewesen sein, da meine Heimreise ja schon praktisch vor der Türe steht, auch wenn mir noch gar nicht nach Heimreisen ist… Nach der Abreise meiner Mutter werde ich noch drei Wochen in Peru sein, von der ich eine Woche vermutlich in Lima und eventuell eine andere im Dschungel verbringen möchte. Inzwischen ist ja Julian hier der meine Aufgaben weiterführen kann.
Wie immer freue ich mir sehr über jede Antwort und möchte auch jeden dazu motivieren ein Statement zu den dargelegten Fakten abzugeben.
Ganz herzliche Grüße aus meinem geliebten Cusco

JW

Cusco, 31. August 2013
Geschrieben von Nelly Aedo
Information über die Reise vom 18. August 2013

Ich möchte ein paar Bemerkungen zu den Informationen von JW und Julian hinzufügen: Bezüglich des Gemeinschaftshauses von Rucja haben die Bewohner zugesichert, die Baustelle im Oktober zu beginnen. Wir hoffen (erwarten), dass dem so sein werde. Sie habe ihnen versichert, dass wir ihnen an dem Tag, an dem sie mit dem Bau beginnen gegen werden, hinreisen werden und ihnen die Bälle und die Trikots bringen werden, um welche die Männer gebeten haben. Sie möchten mit JW, Julian und Wenchy Fußballspielen, gut, das wird ein Tag der Freude werden.
Für die Hilfe für die Krankenstationen sind wir dabei die Bitten (Bestellungen, Anforderungen) einzufordern. Wir werden sie auswerten und dann den Einkauf machen. Ich möchte dir auch mitteilen, dass ich die Krankenschwester von Huancarani kennenlernte und wie immer brauchen alle Hilfe. Vielleicht wäre es möglich, die Krankenstation von Huancarani mit einzubeziehen in unser Projekt? (Huancarani ist der Bezirk, dem Quiñer angehört).
Mit dem Projekt der Patenschaften für die Kinder sind wir dabei, voranzukommen, JW ist schon vorangekommen und Julian wird weitermachen. Julian wird schon besser mit seinem Spanisch und er wird in einer Schule arbeiten können im Bereich des Sportunterrichts, wir sind auf der Suche (nach einer Schule).
Ich verabschiede mich schon mit einer cariñosen Umarmung.
Nelly

Spanischer Original-Text:
Texto original:

Cusco, el 31 de agosto de 2013
Escrito por Nelly Aedo
Informe sobre el viaje del 18. de agosto de 2013
Quiero acotar algo a los informes de JW y Julian: Sobre la Casa Comunal de Rucja, los pobladores se han comprometido a entregar la obra en octubre, esperemos que asi sea, les he manifestado que el día que estén empezando con la construcción, iremos llevando el pedido de los hombres pelotas y camisetas, ellos quieren jugar con JW, Julián y Wenchy, bueno ese será un día de alegría.
Para la ayuda a las postas médicas estamos recabando los pedidos, lo evaluaremos y haremos la compra, también quiero decirte que me conocí con la enfermera de Huancarani y como siempre todos necesitan ayuda quizá sería posible incluir a la posta de Huancarani en nuestro proyecto? (Huancarani es el distrito al que pertenece Quiñer).
Sobre el Proyecto de Padrinos para los niños, estamos avanzando, JW tiene avanzado y continuará Julián, Julián está mejor con su español y podrá trabajar en un colegio en la línea de Educación física, estamos en búsqueda.
Ya me despido, con un cariñoso abrazo.
Nelly
 
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