La Balanza e.V. Böttingen
  Juni 2018
 
Lamay, 27. Mai 2018
Geschrieben von Pia Maier
Diese sechs Monate haben mir die Augen und das Herz geöffnet
Bevor meine letzte Woche in Cusco begann, musste ich nochmals die Grenze nach Bolivien überqueren, um für die letzten zwei Wochen in Peru Visa zu haben. Da sich an diesem Wochenende niemand fand, der mit mir nach Copacabana ging, brach ich schließlich alleine in das Abenteuer auf.  Das war eine ganz neue Erfahrung, die mir ehrlich gesagt auch ziemlich gefiel. Wenn man alleine unterwegs ist, lernt man viel leichter neue Menschen kennen und in meinem Fall begegntete ich immer genau den richtigen Menschen für die jeweilige Situation. Zum Beispiel hatte ich Bedenken, allein im Wald auf der Isla del Sol zu zelten, doch auf dem Weg dorthin lernte ich eine Französin kennen, der es gleich erging. Und so entschieden wir, unsere Zelte am gleichen Ort aufzuschlagen.

Und so erlebte ich viele Abenteuer wie zum Beispiel eine Sturmnacht im Zelt, eine selbst  organisierte Grenzüberquerung und eine Buspanne auf der Rückreise nach Cusco und kam dennoch glücklich und wohlbehalten in Cusco an.
Die Sturmnacht hatte jedoch Konsequenzen, denn meine letzte Woche in der Schule verbrachte ich fast ausschließlich im Bett mit einer Grippe. Das hat mich ziemlich geärgert, denn ich hätte diese Zeit nur zu gerne mit den Kindern verbracht. Doch konnte ich zumindest am letzten Tag in die Schule, um mich zu verabschieden. Nach all den Monaten, in denen ich mich hier eingelebt habe, konnte ich gar nicht richtig realisieren, dass es jetzt vorbei sein sollte. Die Kinder und die Korrodinatoren Lado und Caro realisierten das schon eher. Nachdem die Kinder mir ihre selbst gebastelten Briefe und Geschenke überreicht hatten, hielt Caro eine kleine Dankesrede und weinte am Ende sogar. Lado erging es gleich, als ich mich von der Nachmittagschule verabschiedete. Der bedeutsamste Moment für mich war jedoch beim Abschied der Nachmittagsschule, als zwei der Jungs von der Familie Pachamama die ganze Show über bei mir saßen und mich umarmten. Das zeigte mir, dass meine Arbeit und die jeden Volontäres einen großen Wert und Sinn hat.


Ich war sehr gerührt, als die Kinder mir ihre Geschenke überreichten.
Foto:Rebecca Thieringer


Abschiedsfoto mit den Kindern in der Morgenschule. Foto: Psychologin Gabriela

Nach dem Wochende, das ich mit den anderen Volontären verbrachte, machte ich mich zur Dorfschule in Lamay im heiligen Tal der Inka auf. Dort verbrachte ich zwei sehr ruhige und gleichzeitig sehr bewegende Wochen.
Da der Leiter des Casa Yanapay, Yuri, in Mexico hatte eine Frau nahmens Sara für diese drei Monate die Koordination der Außenstelle des Casa Yanapay im Dorf Lamay übernommen Sie kannte das Projekt zuvor nicht und hatte nur eine kleine Einweisung von Yuri erhalten. Demnach war die Schule in der ersten Woche etwas unorgansisiert und es ging eher darum, die Zeit mit Spielen zu verbringen. Doch als Yuri in der zweiten Woche zurück kam, erklärte er uns allen, wie die Schule eigentlich funktionieren sollte und vor allem wesahlb. Das gab mir erneut einen Einblick in die Philosophie des Projektes und ich war erstaunt, wie ausgetüftelt und von welchem pädagogischen Wert alles ist. Und so versuchten wir uns darin, in der zweiten Woche alles so gut es ging umzusetzen, was uns größtenteils auch gelang.
E
s bleibt für mich jedoch eine ganz andere Erfahrung, denn die Kinder in Lamay scheinen viel unabhängiger als in Cusco. Allgemein kommen sie aus ganz anderen Hintergründen und sind fast alle irgendwie miteinander verwandt. Viele der Eltern haben „Chicherias“ (Gaststättenin denen Chicha, Maismost, verkauft wird) und sind täglich betrunken. Das Thema der Gewalt in der Familie ist sehr präsent, wodurch der Umgang der Kinder untereinander in der Schule auch von viel mehr Gewalt geprägt ist, als ich es in Cusco erlebt habe. Auch das Gesicht- und Händewaschen macht hier wirklich Sinn, denn es gibt Kinder, die vermutlich höchstens einmal im Monat von ihren Eltern gewaschen werden.
Und trotz aller Probleme und Schwierigkeiten, die die Kinder täglich durchleben, umarmen sie uns am Ende des Tages und gehen mit einem Lächen im Gesicht nach Hause.
Wie ich von Yuri erfahren habe, haben die Kinder sich in den drei Jahren, in denen die Dorfschule nun schon existiert, sehr positiv entwickelt. Und auch wenn noch einiges fehlt, auf dem Weg zu respektvollen und bewussten Menschen, trägt Yuri mit seinem Projekt jeden Tag zur Verbesserung der Gemeinschaft bei.


Die Kinder der Dorfschule während eines Ausflugs in den Zoo. Foto: Pia Maier


Scheint, als hängen die Kinder sehr
an mir. Foto: Rebecca Thieringer



Ich, glücklich und zufrieden auf dem Land. Foto: Rebecca Thieringer

Abschließende Worte:
In diesem halben Jahr, in dem ich hier in Cusco in dem Projekt Aldea Yanapay gearbeitet habe, habe ich vermutlich mehr gelernt, als ich es in zwei Jahren Studium in Deutschland tun würde. Ich habe nicht nur eine andere Kultur, andere Lebenswahrheiten und eine neue Sprache kennengelernt, sondern vor allem habe ich mich selbst besser kennengelernt. Manchmal erschien mir das Projekt von Yuri mehr ein Ort für die persönliche Entwicklung von Volontären zu sein, als für die Kinder. Was nicht heißt, dass nur Volontäre von der Arbeit im Projekt profitieren. Sowohl für die Volontäre, als auch für die Kinder ist Aldea Yanapay ein Ort, an dem sie lernen, sich mit Liebe und Respekt zu begegnen und sich bewusster über sich selbst und ihre Handlungen zu werden.
Diese sechs Monate haben mir die Augen und das Herz geöffnet und mich um gefühlte zehn Jahre erfahrener werden lassen. Sie haben mich gelehrt, dass es Wichtigeres gibt, als einen guten Job zu haben und viel Geld zu verdienen, nämlich persönliche Entwicklung und dass man seinen Träumen folgt. Ich hoffe, dass es mir gelingt, wenn ich nach Deutschland zurückkehre, dort eine „Entwicklungshilfe“ nach diesem Sinne zu leisten.
All diese Erfahrungen und bedeutsamen Momente ermöglichte mir La Balanza und dafür bin ich UNENDLICH dankbar. Es ist wirklich wunderbar, dass Klaus und alle Vereinsmitglieder jungen Leuten solche Erfahrungen durch Freiwilligendienste möglich machen. Damit wird nicht nur Kindern in Peru geholfen, sondern vor allem auch den Freiwilligen auf ihrem Lebensweg.
VIELEN, VIELEN DANK!!!!!!!!!!!  MUCHÍSIMAS GRACIAS!!!!!!!!


Nach sechs Monaten ging für Pia Maier (rechts) die Zeit mit den Kindern in der
Casa Yanapay zu Ende. Selfie: Pia Maier

Anmerkung von Klaus Flad:
(geschrieben 9. Juni 2018)
Liebe Pia,
vielen herzlichen Dank, für deinen Mut, den du hattest, als du dich entschlossen hast, den Freiwilligendienst in Peru anzutreten und dich auf dieses "Abenteuer" einzlassen. Danke für alles, was du für die Menschen (insbesondere die Kinder) in Peru getan hast. Danke für alle Erfahrungen, die du selber dort gemacht hast. Danke für deine Selbsterkenntnis. Gracias por existir.
"Ayni" nennen die Nachkommen der Inka das spirituelle Prinzip des Flusses und des Kreislaufes der Energie, des gegenseitigen Gebens und Nehmens, des Austausches und des Gleichgewichts. La Balanza (die Balance, der Ausgleich, das Gleichgewicht) wird immer dann funktionieren, wenn jemand offen und bereit ist, die Energien dorthin fließen zu lassen wo sie sowieso hinfließen möchten. Danke für deine Bereitschaft und Offenheit, die du mitgebracht hast nach Peru, um in diesem "Flow" der Energie zu sein und das Prinzip des Ayni zu erkennen und zu leben. Für deine weitere Südamerika-Reise, die du ja schon begonnen hast, wünsche ich dir alles Gute. Wenn du danach Ende September nach Deutschland zurückgekehrt bist, bist du als Mitglied von La Balanza herzlich dazu eingeladen mit uns zusammen die von dir gewünschte "Entwicklungshilfe" hier in Deutschland zu leisten.
Con cariño
Klaus Flad
La Balanza e.V.
1. Vorsitzender

 
 
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